Der Mord in Kassel 2006 ist nicht aufgeklärt – weder juristisch, noch politisch

Erst im Mai 2014 konnte in Hessen mit den Stimmen der SPD und der Partei „DIE LINKE“ doch noch ein parlamentarischen Untersuchungsausschuss/PUA eingesetzt werden. CDU, Grüne und FDP hielten diesen für „nicht zielführend“ und enthielten sich der Stimme. Nun liegt ein erster Entwurf des Abschlussberichtes vor.

Im Zentrum dieses PUA stand der Mord in Kassel 2006 und die Frage: Welche Rolle spielte der am Tatort anwesende Verfassungschutzmitarbeiter Andreas Temme?

Der neunte Mord, der der neonazistischen Terrorgruppe NSU zugeordnet wird, fand 2006 in Kassel statt. Dort wurde Halit Yozgat in seinem Internetcafe mit zwei Schüssen in den Kopf „hingerichtet“.

Halit-Gedenken-2018

Die Polizei nahm die Ermittlungen auf und stieß dabei auf einen Zeugen, der sich nicht gemeldet hatte: Ein Mann, der sich im Internetcafe als „Jörg Schneeberg“ ausgab, und im wirklichen Leben Geheimdienstmitarbeiter des hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz war, Andreas Temme.

In diesem Abschlussbericht findet sich u.a. der Satz: „Eine sichere Feststellung, dass Temme nicht der Täter war, lassen diese Erwägungen aber nicht zu.“

Der Beitrag für die „NachDenkSeiten“ vom 5.4.2018 geht dieser „Unsicherheit“ nach und entwickelt anhand der vorhandenen Indizien einen anderen Geschehensablauf, bei dem Andreas Temme nicht der „falsche Mann zur falschen Zeit“ ist:

https://www.nachdenkseiten.de/?p=43313

Wolf Wetzel

Zahlreiche Recherchen zum Mord in Kassel 2006 finden sich unter dem Stichwort „Kassel“ auf diesem Blog.

 

Der NSU-VS-Komplex: „Klagt Andreas Temme an!“

Am 4. März 2018 statteten mehrere Aktivist*innen des Aktionsbündnisses „NSU-Komplex auflösen“ Andreas Temme einen spontanen Besuch an seinen Wohnort in Hofgeismar ab. Dabei hinterließen sie dem ehemaligen Geheimdienstagenten des hessischen Verfassungsschutzes die Anklageschrift des Tribunals NSU-Komplex auflösen und verteilten Flugblätter bei einem Demonstrationszug durch den Ort an Passant*innen und Anwohner*innen:

Lageplan-internetcafe-kassel-2006

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Der Mord in Kassel 2006 und das Netzwerk der Vertuscher und Tatortreiniger

Der Mord in Kassel 2006 und das Netzwerk der Vertuscher und Tatortreiniger

 

Der hessische Geheimdienstmitarbeiter Andreas Temme wird am 30. Juni 2015 im NSU-Prozess in München als Zeuge gehört. Er befand sich am 6. April 2006 zur Tatzeit des Mordes in jenem Internet-Café in Kassel, als Halit Yozgat erschossen wurde. Laut Anklageschrift, der neunte rassistisch motivierte Mord, der dem NSU zugeschrieben wird.
Der Mord in Kassel weist zwei Besonderheiten auf: Zur Tatzeit war der hessische Verfassungsschutzmitarbeiter Andreas Temme in besagtem Internet-Café. Ein Verfassungsschutzmitarbeiter, der den Spitznamen ›Klein-Adolf‹ trug, einen ortsbekannten Neonazi als V-Mann führte, mit dem er vor und nach der Mordtat in telefonischem Kontakt stand.
Und es gibt eine weitere Besonderheit: Nach dem Mord an dem Besitzer des Internet-Cafés Halit Yozgat bricht die rassistische Mordserie ab. Aus der Logik der Täter ist dies nicht zu erklären. Geht es also um die »Kasseler Problematik«, in die Andreas Temme »ein bischen drinsteckt«, wie dies sein Vorgesetzter Frank-Ulrich Fehling, Chef der Außendienststelle des LfV in Kassel, in einem abgehörten Telefonat anklingen ließ? Was und wer verbergen sich hinter dem ganzen Rest?

 

netzwerk vertuscher Kassel 2006ff

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Der PUA in Hessen – eine teure Waschanlage . Eine Weisssagung

Der PUA in Hessen – eine teure Waschanlage plus: Eine Weisssagung

Dass eigentlich alle Parteien gegen einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss waren, die in den NSU-VS-Komplex verwickelt sind, mit Ausnahme der Partei DIE LINKE, gehört zum Selbstverständnis dieses Parlaments. Schließlich war nach dem Willen der Mitverantwortlichen, all derer, die die politische Verantwortung für die Aufklärungssabotage im Fall des neunten NSU-Mordes tragen, alles ›ausermittelt‹, zu deutsch: nichts herausgekommen, außer … einem unguten Gefühl, das aber auch in Hessen nicht strafbar ist und mit dem alle (Aufklärer) gut leben können.

Andreas Temme (Bildmitte)

Andreas Temme (Bildmitte)

In Kassel ereignete sich am 6. April 2006 der neunte Mord, der dem Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) zugeordnet wird. Während der Mord an Halit Yozgat aus kriminalistischer Sicht professionell und kaltblütig ausgeführt wurde, scheinen alle Umstände drum herum – wieder einmal – dem puren Zufall geschuldet zu sein. Zu diesem zählt auch, dass abermals ein Mord ins ›ausländische Milieu‹ abgeschoben wurde. Dass »nie Richtung Rechtsextremismus ermittelt wurde« (FR vom 24.11.2011) bekommt im Mordfall Kassel eine besondere Bedeutung. Hätte man dies getan, wäre man u.a. auf den Escortservice des Verfassungsschutzes für Neonazis gestoßen. Was jedoch diesen Mordfall von allen anderen unterscheidet: Ein Verfassungsschutzmitarbeiter war zur Tatzeit in besagtem Internetcafe. Er heißt Andreas Temme, wurde in seiner Jugend auch ›Klein Adolf‹ gerufen und führte auf Duzebene einen Neonazi, der zum NSU-Umfeld zählt, als V-Mann. Benjamin Gärtner. Andreas Temme meldete sich nicht als Zeuge. Als er doch ermittelt wurde, behauptete er, dass er zur fraglichen Zeit nicht dort war. Als sich auch das nicht mehr halten ließ, erinnerte er sich, dass er nichts bemerkt habe, kein Schuss und keinen toten Internetcafebesitzer, der hinter seinem Schreibtisch lag, als Andreas Temme sein Geldstück zurückließ – auf einem Tisch, der voller Blutspritzer war.

 

Theke-Yozgat-Blut-Kassel 2006

Dabei wurde Andreas Temme weder von seinen Kollegen, noch von seinen Vorgesetzten alleine gelassen. Der Versuch, den Neonazi und V-Mann Benjamin Gärtner zu vernehmen, scheiterete am Veto des damaligen hessischen Innenminister Volker Bouffier. An dieser Deckungsarbeit beteiligten sich auch die ›Qualitätsmedien‹: Man kolportierte in Wort und Bild die Tragik eines Mannes, der zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen sei und nun auf kalt- und unbarmherzige Art und Weise Opfer von Zufällen werden sollte. Damit war der Fall Temme in trockenen Tüchern. Und dabei soll es bleiben. Dass sich nun seit Wochen alle ehemaligen und aktuellen Regierungsparteien jede erdenkliche Mühe geben, die aufgezwungene parlamentarischen Aufklärung ganz langsam, ganz ausdauernd, ganz konzentriert gegen die Wand zu fahren, ist quasi ihre Pflicht, ihre echte innere Überzeugung. Dazu gehört ganz besonders der nächste Montag. Den Rest des Beitrags lesen »

Der staatseigene Untergrund

„Staatlich gefördert
Die Apparate und Geheimdienste der BRD waren über die Aktivitäten des NSU gut informiert und ließen in die falsche Richtung ermitteln
Wolf Wetzel
Wenn man die Rolle des Staates beim Zustandekommen und Gewährenlassen des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) nicht als Behördenversagen, als eine Serie von bedauerlichen und ganz persönlichen Pannen begreifen will, stößt man auf Achselzucken und erhält kaum Erklärungen.

Eine politische Analyse macht die verselbständigten Geheimdienste für das Desaster verantwortlich: »Heute können wir nur ihr völliges Versagen feststellen, mindestens zehn Menschen könnten noch leben, wenn sie ihre Arbeit gemacht hätten. Die Dienste dienen nur sich selbst. Es ist darum richtig, sie aufzulösen. Eine unabhängige Wahrheitskommission (…) sollte die historischen Zusammenhänge zwischen Terrorismus und Geheimdienst ausleuchten«, schrieb der Feuilletonchef der FAZ, Nils Minkmar, am 20. November 2011.

Eine andere Erklärung legten der Politologe Hajo Funke und der Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik in einem beachtenswerten Kommentar in der taz vom 25. April 2014 vor: Sie sehen einen »tiefen Staat« am Werk – »samt seiner Wasserträger im Parlament … eine Sphäre jenseits des Rechtsstaates«.

Tiefer-Staat

 

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Der neunte Mord in Kassel 2006 – Der Schlüssel für das Ende der NSU-Mordserie liegt nicht in Zwickau

Der neunte Mord in Kassel 2006 – Der

Schlüssel für das Ende der rassistischen

Mordserie des NSU liegt nicht in Zwickau

Teil III

In Kassel ereignete sich am 6. April 2006 der neunte Mord, der dem Nationalsozialistischen Untergrund/NSU zugeordnet wird. Dieses Mal wurde der Besitzer des Internet-Cafés Halit Yozgat kaltblütig ermordet. Wie in den vorangegangenen Morden wurde ›zufällig‹ auch dieser ins ausländische Milieu abgeschoben. Wieder aus Zufall wurde »nie Richtung Rechtsextremismus ermittelt« (FR vom 24.11.2011). Ebenso zufällig wurden Täter im familiären und beruflichen Umfeld des Ermordeten gesucht.

Der Mord in Kassel weist zwei Besonderheiten auf: Zur Tatzeit war der hessische Verfassungsschutzmitarbeiter Andreas Temme in besagtem Internet-Café – selbstverständlich zufällig. Ein Verfassungsschutzmitarbeiter, der den Spitznamen ›Klein-Adolf‹ trug, einen ortsbekannten Neonazi als V-Mann ›führte‹, mit dem er am Mordtag in telefonischem Kontakt stand.

Und es gibt eine weitere Besonderheit: Nach dem Mord an den Besitzer des Internet-Cafés Halit Yozgat bricht die rassistische Mordserie ab. Aus der Logik der Täter ist dies nicht zu erklären. Es können nur andere Umstände sein, die dafür ausschlaggebend waren. Ist es die »Kasseler Problematik«, vor der der Vorgesetzte von Andreas Temme warnte?

Die Tatort(be-)reiniger im Mordfall Kassel. Der V-Mann-Führer Andreas Temme und sein Team.

Andreas Temme (Bildmitte)

Andreas Temme (Bildmitte)

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Der 1001. Zufall oder Beihilfe zu Mord

Der neonazistische Mord an Halit Yozgat in Kassel 2006

Teil I

Im Münchner NSU-Prozeß wird der frühere hessische Verfassungsschützer Andreas Temme am 1. Oktober 2013 befragt: „ Vor gut einem Jahr wurde Temme bereits im Untersuchungsausschuß des Bundestags zur NSU-Mordserie befragt. Dort wurde ihm die Aussage des damaligen Leiters der polizeilichen Sonderkommission vorgehalten, er müsse mit hoher Wahrscheinlichkeit etwas gehört oder gesehen haben. Hessens damaliger Innenminister Volker Bouffier (CDU) hatte direkte Fragen der Polizei an den Verfassungsschützer unterbunden, von dem später bekannt wurde, er habe wegen seiner mutmaßlichen Affinität zu rechtem Gedankengut im Bekanntenkreis den Spitznamen »Klein Adolf« getragen (…) Im Münchner NSU-Prozeß ließen die Angehörigen von Halit Yozgat bereits durch ihre Nebenklagevertreter erklären, daß es ihnen »nicht um ein bestimmtes Strafmaß im Falle einer Verurteilung geht, sondern vor allem darum aufzuklären, warum die angeklagten Taten in dieser Weise geschehen konnten und auch, welchen Anteil staatliche Stellen daran haben«. (Junge Welt vom 30.9.2013)

Es ist zu hoffen, dass Nebenklage und Verteidigung diese Gelegenheit nutzen…

Der staatliche Rettungschirm für die neonazistische Mordserie des ›Nationalsozialistischen Untergrundes‹ /NSU

Der ›dritte Mann‹ des nationalsozialistischen Untergrundes/NSU – ein Anruf genügt…

Hätte vor ein paar Monaten jemand behauptet, dass zur „Aufklärung“ der neonazistischen Mordserie Akten vernichtet, Untersuchungsauschüsse belogen, Referatsleiter des BfV Falschaussagen machen, wäre er als Verschwörungstheoretiker lächerlich gemacht worden. Wenn vor Monaten jemand behauptet hätte, dass die verschiedenen Geheimdienste nicht diletantisch, sondern perfekt zusammengearbeitet hatten und über ausgezeichnete Kontakte zum neonazistischen Thüringer Heimatschutz/THS verfügten, also zum Umfeld der daraus hervorgegangenen Terror-Gruppe ‚NSU‘, wäre ihm gleiches widerfahren.
Jetzt sind diese berechtigten Annahmen gerichtsverwertbar: Zwischen den Jahren 1997 und 2003 waren der Thüringer und Bayerische Verfassungschutz, das Bundesamt für Verfassungsschutz/BfV und der Militärische Abschirmdienst/MAD, die Crème de la Crème der Geheimdienste, an der ‚Operation Rennsteig‘ beteiligt. Das Ziel dieser koordinierten Aktion war eindeutig: „Im Rahmen der operativen Zusammenarbeit des BfV mit dem LfV Thüringen und dem MAD unter der Bezeichnung „Rennsteig“ von 1997 bis 2003 hat das BfV … Werbungsfälle mit THS-Bezug eröffnet, aus denen … erfolgreiche Werbungsmaßnahmen resultierten.“ (Schreiben des BfV an an den Generalbundesanwalt vom Dezember 2011, FR vom 16.6.2012)
Der Erfolg konnte sich sehen lassen: „Demnach war fast jeder zehnte Aktivist in der damaligen Neonazi-Vereinigung ein Spitzel des Verfassungsschutzes.“ (http://www.mittelbayerische.de/nachrichten/politik/artikel/jeder-zehnte-neonazi-war-v-mann/800850/jeder-zehnte-neonazi-war-v-mann.html)
Die Frage also, ob die beteiligten Geheimdienste problemlos den drei Mitgliedern der NSU in den ‚Untergrund‘ folgen konnten, ob eine/r von ihnen gar zu den ‚erfolgreichen Werbungsmaßnahmen‘ zählt, könnten die Akten beantworten, die nun vernichtet wurden.
Würden die Akten das Gegenteil beweisen können, also die bislang lancierte These untermauern, man habe die Spur zu den abgetauchten NSU-Mitgliedern verloren, wären sie nicht vernichtet worden!
Angesichts dieses organisierten und kriminellen Vorgehens vonseiten der Verfolgungsbehörden sind die Fragen der FR von auffallender, fortgesetzter Naivität:
Gibt es Verbindungen zu Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe? Waren Mitglieder des Trios womöglich V-Leute? Haben sie Geld vom Verfassungsschutz erhalten? Hat das Bundesamt die Mörder sogar geschützt?

Im folgenden trage ich alle Indizien und Fakten zusammen, die bis heute an die Öffentlichkeit gelangt sind, um auf zwei der vier gestellten Fragen (Frage 1 und 4) mit einem sicheren „Ja“ zu antworten.

Aktualisiert am 19.7.2012

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31.8.2010 – Kriminell gut, Herr Bouffier!

Wer hat die Folter bzw. Androhung von Gewalt im Fall ›Gäfgen‹ gedeckt?

Roland Koch geht – das System Koch bleibt.

Volker Bouffier wurde zum Nachfolger des zurückgetretenen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch gewählt. Alles läuft nach Plan. Volker Bouffier gehört  zum engsten Kreis des Ex-Ministerpräsidenten. Er ging mit ihm durch dick und dünn – auch und gerade als Innenminister. Zahlreiche „Skandale“ hat er überlebt – weil eindeutige Beweise fehlten. In diesem Fall liegen sie auf dem Tisch.

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Das »letzte Mittel« Folter

Folter führt nicht zur Rettung von Menschenleben, sondern nach Abu Ghraib.

Vor dem Daschner-Prozeß in Frankfurt/Main

Im Zuge einer Fahndung nach Personen, die den elfjährigen Frankfurter Bankierssohn Jakob von Metzler entführt hatten, wurde am 30. September 2002 Magnus Gäfgen als Tatverdächtiger festgenommen und vernommen. Tags darauf ordnete der Polizeivizepräsident in Frankfurt am Main Wolfgang Daschner die Androhung der Folter und gegebenenfalls deren Anwendung an. Man wollte den Tatverdächtigen »zum Sprechen bringen«. Noch am selben Tag dokumentierte Daschner diesen Rechtsbruch in einer Aktennotiz und informierte den zuständigen Staatsanwalt Rainer Schilling.
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