Die einsamen Leiden des Herrn XXX – der Fernsehfilm der Woche im ZDF

Die „ehrenwerten Motive“ des Herrn XY – in ehrenwerter Gesellschaft

Es ist kurz nach 12, als der Held die Koffer packt. Ein letztes Mal läuft XY durch den Flur des Polizeipräsidiums. Er tut das mit dem o-beinigen Gang eines Mannes, der etwas zu lange in den Sonnenuntergang geritten ist, begleitet von herbstlicher Pianomusik. Dann verschwindet XY, er löst sich auf, wird langsam durchsichtig. Was bleibt, ist der Gang des Polizeipräsidiums. Und ein Dutzend Journalisten, die jetzt mal ihre Mineralwasser-Fläschchen öffnen, weil es ihnen doch ein bisschen die Kehle zuschnürt…. Der Vater bedankt sich bei XY, der Bankier bietet ihm seine Hilfe an. XY bedankt sich. Die Unterstützung tue ihm gut, aber er wolle keine Hilfe. „Ich habe nur meine Pflicht getan“, sagt er. Dann kommt XY’s Ehefrau, und Melzer verschwindet wie ein Geist, den Zuschauer rätselnd zurücklassend, ob das nun echt oder falsch war, was er eben gesehen habe.

Mit diesen Worten lobt die Frankfurter Rundschau über ganze zwei Seiten in höchsten Tönen einen Film, den das Zweite Deutsche Fernsehen als „Fernsehfilm der Woche“ anpreist. Auf insgesamt fünf Pressekonferenzen wurde dieser Film vorgestellt, was, so Frankfurter Rundschau voller Naivität, „wohl der Materie geschuldet“ sei. Im Mittelpunkt steht der Held XY, dem “ ein filmisches Denkmal“ gesetzt wurde: „Und sogar noch ein recht wohlgelungenes. Fast bedauert man es, wenn er langsam aus dem Präsidium entschwindet.“ (FR vom 13.9.2012)
Er, Herr XY, der Held, ist Wolfgang Daschner,

ehemaliger Frankfurter Polizei-Vizepräsident. Der Mann, der nur seine Pflicht getan hat, gab seinen Untergebenen 2002 die Weisung, einem Tatverdächtigen Folter anzudrohen und diese auch ggf. durchzuführen. Diese Anweisungen verheimlichte Wolfgang Dschner nicht, sondern vermerkte sie in einer Aktennotiz, pflichtbewußt.

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31.8.2010 – Kriminell gut, Herr Bouffier!

Wer hat die Folter bzw. Androhung von Gewalt im Fall ›Gäfgen‹ gedeckt?

Roland Koch geht – das System Koch bleibt.

Volker Bouffier wurde zum Nachfolger des zurückgetretenen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch gewählt. Alles läuft nach Plan. Volker Bouffier gehört  zum engsten Kreis des Ex-Ministerpräsidenten. Er ging mit ihm durch dick und dünn – auch und gerade als Innenminister. Zahlreiche „Skandale“ hat er überlebt – weil eindeutige Beweise fehlten. In diesem Fall liegen sie auf dem Tisch.

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16.6.2010 – Über einen Versuch, Folter demokratietauglich zu machen

Die Folter führt aus den Gestapo-Kellern nicht zur Rettung von

Menschenleben – sondern nach Abu Ghraib

Am 31.5.2010 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg die Folterandrohung gegen Magnus Gäfgen während einer Vernehmung im Frankfurter Polizeipräsidium im Jahr 2002 als einen Verstoß gegen Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention, das Folterverbot, verurteilt.

Auffallend kurz wurde in den Leitmedien darüber berichtet, ganz schnell war das Thema vom Tisch. Aus gutem Grund: Es ging um weit mehr als einen Vizepolizeipräsidenten, der ganz alleine und einsam mit Folter Leben retten wollte. Zum Beispiel um die Rolle des Innenministers Bouffier, der bald das Ministerpräsidentenamt antreten wird…

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Das »letzte Mittel« Folter

Folter führt nicht zur Rettung von Menschenleben, sondern nach Abu Ghraib.

Vor dem Daschner-Prozeß in Frankfurt/Main

Im Zuge einer Fahndung nach Personen, die den elfjährigen Frankfurter Bankierssohn Jakob von Metzler entführt hatten, wurde am 30. September 2002 Magnus Gäfgen als Tatverdächtiger festgenommen und vernommen. Tags darauf ordnete der Polizeivizepräsident in Frankfurt am Main Wolfgang Daschner die Androhung der Folter und gegebenenfalls deren Anwendung an. Man wollte den Tatverdächtigen »zum Sprechen bringen«. Noch am selben Tag dokumentierte Daschner diesen Rechtsbruch in einer Aktennotiz und informierte den zuständigen Staatsanwalt Rainer Schilling.
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