Kompakt gegen deutsch-nationales Herrentum

Kompakt gegen deutsch-nationales Herrentum

Im Rahmen der Buchvorstellung „Der Rechtsstaat im Untergrund“ am Samstag auf der Buchmesse in Leipzig sollte die inhaltliche Weite und räumliche Nähe zum Compact-Stand in der Messhalle in Leipzig nicht verschwiegen werden. Da bot es sich an, Stellung zu nehmen:

„Noch ein Letztes. Es geht um den Protest gegen das deutsch-nationale Magazin „Compact“ – die Stimme für Pegida, AfD und alle Deutsch-Nationalen. Ja, „Compact“ hat Antworten auf die Krise:
An der Überwachung sind die US-Geheimdienste schuld – Fremde.
An der Flüchtlingskrise die Flüchtlinge – Fremde.
Und der neonazistische Terror des NSU ist eine Erfindung des Staates … und die Erde ist wieder eine Scheibe.
Diese Antworten sind alles, nur kein Protest. Sie sind voller Unterwerfungswillen, ein Ruf, mehr daran beteiligt zu sein.
Es gibt allen Grund, kompakt dagegen zu sein.“

Die Compact-Zeitung, das „Magazin für Souveränität“ wird von Jürgen Elsässer herausgegeben, dessen Biografie so viele Seiten- und Richtungswechsel aufweist, dass es einem schwindlig werden müsste. Also genau das, was eine deutsch-nationale Ideologie ausmacht: ein Müllhaufen von Ideologieversätzen und -schnipseln, die so beliebig und so alt sind wie die „national-sozialistische“ Ideologie:

Compact-Asyl-Magazin-2016
• Als Bodensatz ganz viel Nationalismus und Rassismus.
• Eine halbstarke Systemkritik an den Herrschenden, die nicht die Herrschaft kritisiert, sondern ihre mangelhafte Verwirklichung.
• Ein bisschen eingestampfter Antiimperialismus (wenn es um den Imperialismus der „anderen“ geht).
• Eine große Portion Antiislamismus (der den nicht mehr opportunen Antisemitismus ersetzen muss).
• Und das allerwichtigste, über das kein Wort verloren wird: ein Kapitalismus sans phrase.

„Etwa 200 Menschen haben am Samstag auf der Leipziger Buchmesse gegen die Teilnahme des Compact-Magazin-Verlages an der Veranstaltung demonstriert. Die Menge versammelte sich gegen 14.30 Uhr am Stand des Leipziger Verlages und kritisierte mit Sprechchören die rechtspopulistische Ausrichtung des Unternehmens. Laut Augenzeugen soll es friedlich geblieben sein, die Demonstration löste sich kurze Zeit später wieder auf.
Bereits im Vorfeld der Buchmesse gab es angesichts der geplanten Teilnahme des Verlages Proteste und Sachbeschädigungen. In einem offenen Brief wurde Messe-Chef Oliver Zille aufgefordert, die Teilnahme des Unternehmens abzusagen. Gegenüber dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) erklärte Zille später, es gebe keine rechtliche Grundlage für die Ausladung. In der Nacht zum Donnerstag attackierten Unbekannte das Verwaltungsgebäude der Leipziger Messegesellschaft mit Steinen, durchschlugen dabei insgesamt acht äußere und drei innere Sicherheitsglasscheiben. Es entstand ein Schaden in Höhe von 10.000 Euro.
Der Compact-Magazin-Verlag ist in Leipzig ansässig und wird vom Rechtspopulisten Jürgen Elsässer verantwortet. In den vergangenen Monaten war Elsässer mehrfach Redner auf Legida- und AfD-Veranstaltungen, Banner und Plakate des Magazins werden regelmäßig bei Aufmärschen gezeigt.“ (lvz.de vom 20.3.2016)

Wolf Wetzel

Der NSU-VS-Komplex. Wo beginnt der Nationalsozialistische Untergrund – wo hört der Staat auf? Unrast Verlag 2015/3. Auflage

 

Über GROKO und PEGIDA und darüber hinaus …

Vorwort für eine notwendige Debatte

Am 4.1.2016 gingen »in mehreren Städten Sachsens erneut Pegida-Anhänger auf die Straße. In Dresden waren es knapp 4.000 Personen. Die Teilnehmerzahl der Gegenproteste verharrte bei mageren 180. (…) Antifaschisten des Freistaats wollen der Ratlosigkeit, wie mit den rechten Massenmobilisierungen dieser Tage umzugehen ist, ein Ende setzen. Dafür lädt das Bündnis Dresden nazifrei für 15. und 16. Januar in das Hörsaalzentrum der TU-Dresden in der Bergstraße zu einer Strategiekonferenz ein, um über den Umgang mit Pegida zu diskutieren. Bis zu 17 Workshops sind geplant, mit etwa 200 Teilnehmern –Initiativen, Organisationen, Bündnisse und Einzelpersonen – wird gerechnet. Es sei eine »grundsätzliche Neuausrichtung der Proteste notwendig«, da »Aktionsformen, die geeignet waren, punktuelle Naziaufmärsche zu verhindern«, offenbar scheitern würden, »wenn es darum geht, einem latenten, bis in die Mitte der Gesellschaft hinein tief verankerten Rassismus zu begegnen, der sich in wöchentlichen, zum Teil täglichen Demonstrationen« äußere, konstatierte das Bündnis in seiner Konferenzeinladung selbstkritisch.« (jW vom 7.1.2016)

Seit Monaten quälen uns PEGIDA-Versionen und Medien mit dem Phantomschmerz besorgter Bürger. Kaum eine Stadt wird von diesen PEGIDA-Applikationen verschont.
Am 19.10.2015 demonstrierten ca. 20.000 PEGIDAisten – 15.000 dagegen und Tausende Polizisten schützten diese Aufstellung zwischen Hell – und Dunkeldeutschland. Das politische Establishment demonstriert mit einem Bein für ein ›weltoffenes, tolerantes‹ Deutschland, während es mit beiden Beinen fast genau das in Gesetze und Verordnungen gießt, was PEGIDA ohne Sprachperücken fordert.
Wie also damit umgehen? Worin besteht Einigkeit zwischen PEGIDA und GROKO? Worin besteht der Unterschied? Benutzen die Regierungsparteien uns und PEGIDA gar gleichermaßen?

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Was hat das multikulturelle Konzept mit Verkehrsberuhigung zu tun? (1992)

Eigentlich gar nichts.
Oder doch.
Voraussetzung ist,
man ist sachlich,
dann kann mann über alles reden –
ohne linke Tabus, ohne alte Mythen, ohne Hemmungen.
Herr Daniel Cohn-Bendit, Stadtrat für multikulturelle Angelegenheiten,
kann das.
Nur so, erklärte er, könne man über die Asylfrage, über Einwanderungsquoten
etc. reden.
Der Stadtrat will die Diskussion versachlichen
und er weiß, daß das geht.
So sachlich, wie über die Blechlawinen in unseren Städten geredet werden kann,

so sachlich möchte er über die ›Flüchtlingswelle‹ reden.
Nein, der Stadtrat denkt dabei nicht an eine ›autofreie Stadt‹

Daran denken andere.
Der Stadtrat ist kein verbohrter Autofeind, kein Ausländerhasser.
Er weiß, ›wir‹ brauchen beides,

das Auto und die Ausländer.
Wer – wie der Stadtrat – nur den Nutzen sieht,
muß aber auch in Ruhe über die Folgekosten reden können.
Daran ist doch nichts Schlimmes.
Zuviel Autos verstopfen die Straßen,
vergiften das Klima,
erhöhen das Unfallrisiko
und gehen auf die Nerven.
Wenn mann – wie der Stadtrat – sachlich bleibt,
fällt einem Vergleichbares zur ›Ausländerfrage‹ nicht schwer.
Und Lösungen ganz leicht.
Verkehrsleitsysteme und Verfahrensbeschleunigung,
Parkberechtigungsschein und Visapflicht,
Verkehrsberuhigung und Einwanderungsquoten
Park and Ride und Außenstellen der Einwanderungsbehörde in
Afrika, in Asien, in Osteuropa und so weiter.
Zwei Seiten eines Vergleiches.
Unsachlichkeit kann mann/frau dem Stadtrat nicht vorwerfen.
Es ist (s)eine Sache,
nicht (mehr) zwischen AusländerInnen und Autos unterscheiden zu können
über AusländerInnen zu reden wie über ›unsere‹ Autos,
von Besitzer zu Besitzer.
Es ist unsere Sache, ihn daran zu hindern.

1992