Der Mordanschlag auf Polizisten in Heilbronn 2007 – und seine gezielte Nicht-Aufklärung

NachDenkSeiten-Gastautor Wolf Wetzel[*] setzt mit diesem Beitrag die Zusammenfassung seiner fünfjährigen Recherche zum NSU-VS-Komplex fort. Im Mittelpunkt steht der Mordanschlag auf Polizisten in Heilbronn 2007. Der politische Hintergrund, das Motiv und die Anzahl der (möglichen) Täter wechselten im Zuge der „Aufklärung“ so oft, dass es einem schwindlig werden kann und muss. Am Ende dieser Geisterbahn aus Ermittlungen und sagenhaften Pannen steht nun fest, dass dieser Mordanschlag von der neonazistischen Terrorgruppe „NSU“ verübt worden war.
Es gibt auch in diesem Fall viele (bedauerte) Zufälle und Pannen, wie an anderen NSU-Tatorten auch. Das Besondere an dem Fall hier ist, dass sich dieses staatsanwaltschaftliche „Ermittlungsergebnis“ am allerwenigsten auf die polizeilichen Ermittlungsergebnisse stützen kann. Eigentlich grotesk und unhaltbar. Manche würde dazu auch postfaktisch sagen.

publiziert auf NachDenkSeiten vom 30.11.2016: http://www.nachdenkseiten.de/?p=36047

Festplatz-Theresienwiese

Ergänzung:

Dieser Beitrag konzentriert sich auf den unmittelbaren Tatort in Heilbronn. Für die Täterschaft des NSU werden vor allem „Beweise“ angeführt, die man in der Wohnung in Zwickau und im Campingwagen in Eisenach-Stregda 2011 gefunden haben will: Eine Trainingshose, an der sich winzige Blutspritzer von Michèle Kiesewetter befunden haben sollen und die beiden entwendeten Dienstwaffen, die man im ausgebrannten Campingwagen sichergestellt hatte.

Der Bedeutung dieser „Beweise“ geht folgender Beitrag nach: Die Büchse der Pandora |Jahresrückblick: Polizistenmord in Heilbronn. Der dem NSU angelastete Anschlag aus dem Jahr 2007 wirft viele Fragen auf

NachDenkSeiten – Eine tote Polizistin, ein schwer verletzter Polizist … und vier tote Zeugen

Zu den zehn Morden, die der neonazistischen Terrorgruppe NSU zugeschrieben werden, gehört auch der Mordanschlag auf Polizisten in Heilbronn 2007, bei dem Michele Kiesewetter getötet, ihr Kollege schwer verletzt wurde.

005-KKK-V-Mann-Polizei

 

Es ist der einzige Mordanschlag, bei dem es sehr viele Zeugen gab, ungewöhnlich viele Spuren und zahlreiche brauchbare Phantombilder von möglichen Tätern. Sie ähneln vielem – nur nicht den beiden NSU-Mitgliedern. Obwohl nichts eine direkte Tatbeteiligung der beiden toten NSU-Mitglieder belegt, halten die Staatsanwaltschaft und das Gericht in München daran fest. Warum?
Währenddessen sterben junge Menschen an merkwürdigen Todesursachen. Allesamt Personen, die etwas anderes gesagt haben bzw. sagen könnten, als die bis heute aufrechterhaltene „Zwei-Täter“- Theorie.

Dazu ein ausführlicher Bericht auf dem Onlineportal „NachDenkSeiten – die kritische Webseite“ vom 25.2.2016: warum-sterben-rund-um-den-nsu-so-viele-potenzielle-zeugen-in-baden-wuerttemberg

Publiziert bei NDS am 25.2.2016: http://www.nachdenkseiten.de/?p=31571

 

 

Warum sterben – rund um den NSU – so viele (potenzielle) Zeugen in Baden-Württemberg?

aktualisiert am 26.2.2016

Dass in Baden-Württemberg ganz junge Menschen auf ganz merkwürdige Weise ums Leben kommen, kann reiner Zufall sein. Dass diese Menschen alle potentielle und tatsächliche Zeugen im NSU-VS-Komplex waren bzw. gewesen wären, ist alles, nur kein Zufall.
Nun gibt es ein viertes Opfer, Sascha Winter, 31 Jahre aus Kraichtal.
Seine Verlobte Melisa Marijanovic starb vor knapp einen Jahr, mit 20 Jahren. Laut Obduktionsbericht soll sich das so zugetragen haben: Melisa Marijanovic hatte einen kleinen Motorcross-Unfall, bei dem sie sich das Knie geprellt hatte. Sie ging zum Arzt, zwei Mal wurde eine Thrombosevorsorge gemacht. Am 28. März 2015 findet sie ihre Freund, Sascha Winter, mit Krämpfen in ihrer gemeinsamen Wohnung. Jede Hilfe kam zu spät.
Nun ist auch ihr Freund und Verlobter tot.

Sascha-Melisa-II-Facebook

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In den Armen der Anklage

In den Armen der Anklage

Zuallererst etwas zur Ernüchterung: Beate Zschäpe darf als Angeklagte lügen, bis die drei Affen zusammen die Hände über den Kopf zusammenschlagen.

Drei-Affen

Die Erwartung, mit ihrer Aussage vor dem Oberlandesgericht in München käme die Wahrheit über die rechte Terrorgruppe »Nationalsozialistischer Untergrund« (NSU) ans Licht, schafft nur die Voraussetzung, so richtig enttäuscht zu sein. Aber auch Beate Zschäpe hat nicht die Aufgabe, die Medien zu befriedigen.
Es geht also nicht darum, ob sie (auch) lügt. Aufschlussreich ist vielmehr, ob es ein Schema bei den Lügen, in ihren Einlassungen gibt. Und das ist in der Tat mehr als konsistent: Lassen wir einmal die trostlose Kindheit und die Geschichte beiseite, wonach sie zwar gerne Neonazifrau war, aber die zehn Morde, von denen sie immer im nachhinein erfahren haben will, »entsetzlich« fand. Interessant ist vielmehr, dass sie bei allem, was bisher mehr als zweifelhaft war, die Version der Staatsanwaltschaft übernimmt und bestätigt. Ihre mehr als 50 Seiten umfassende Erklärung ist eine Einlassung im Sinne der Anklage.

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Der Mordanschlag auf Polizisten in Heilbronn 2007 – Die ›Zwei-Täter-Theorie‹ stürzt in sich zusammen

Der Mordanschlag auf Polizisten in Heilbronn 2007 – Die ›Zwei-Täter-Theorie‹ stürzt in sich zusammen

Der Mordanschlag auf Polizisten in Heilbronn 2007, der dem neonazistischen NSU zugeschrieben wird, weist drei Besonderheiten auf:

• Im Gegensatz zu anderen Mordtaten, die dem NSU zugeschrieben werden, konnte die Polizei auf sehr viele Zeugen zurückgreifen. In ihrer übergroßen Mehrheit führen diese zu Tätern, die nicht mit den beiden NSU-Mitgliedern identisch sind.
• Im Zuge der Ermittlungen kam man auf einen Täterkreis von bis zu sechs Personen.
• Obwohl es zahlreiche Phantombilder gab, wurde damit nie öffentlich gefahndet.

Vielfach belegt ist: Alleine die öffentlich zugänglichen Indizien sind von einer Brisanz, die das ganze Konstrukt vom ›Zwickauer Terrortrio‹, von einer neonazistischen Terrorgruppe aus exakt drei Mitgliedern, von denen zwei die alleinigen Täter des Mordanschlages in Heilbronn sein sollen, ad absurdum führen.

Zwei plus X

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Der Verfassungsschutz ist ein Schattenreich – Interview mit Prof. Hajo Funke

»Der Verfassungsschutz ist ein Schattenreich«

Gespräch mit Hajo Funke. Über den Staat im Staate, die drei internationalen Terrornetzwerke im Dunstkreis des NSU und eine junge Polizistin, die vielleicht zuviel wusste
Sie gelten seit Jahrzehnten als Experte für rechtsextreme Gruppen und Ideologien. Wie hat sich seit Bekanntwerden des »Nationalsozialistischen Untergrunds« im November 2011 Ihre Sicht auf den Staat und die Geheimdienste verändert?
Ich bin über das Ausmaß des Schweigens, der Vertuschung und der partiellen Beteiligung zutiefst erschüttert. Ich wusste das so nicht. Erfahrungen mit dem Verfassungsschutz waren mir allerdings aus der Zeit der Studentenbewegung bekannt. Da gab es in Berlin einen Provokateur, der Teilen der Bewegung Sprengstoff geliefert hat. Insofern wusste ich, dass der Verfassungsschutz eine verfassungswidrige Agenda haben und im Grunde die Verfassung gefährden kann. Aber ich habe das beiseite geschoben. Wir haben sogar in der NGO »Forum gegen Rassismus und rechte Gewalt« in Oranienburg punktuell mit dem Verfassungsschutz zusammengearbeitet – von uns aus, wenn wir Fragen hatten oder wenn die Fragen hatten, die wir, ohne zu denunzieren, beantworten konnten.

Und inzwischen raten Sie von jeder Zusammenarbeit ab?
Im Moment ist es eine Katastrophe. Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist nicht zur Aufarbeitung bereit. Es blockiert die Aufklärung, zum Schaden derjenigen, die bedroht werden. So, wie dieser Geheimdienst derzeit aufgestellt ist, schwächt er die Sicherheit in Deutschland. Weil er wichtige Informationen nach wie vor zurückhält, weil man in vielen Fällen nicht weiß, ob er sie weitergibt, ob er Gewalt zulässt – oder sogar selbst für die Radikalisierung der Täter mitverantwortlich ist.

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Das Schweigekartell in Baden-Württemberg zum NSU-Komplex … bekommt Risse

Das Schweigekartell in Baden-Württemberg zum NSU-Komplex … bekommt Risse

Manche verstehen nicht, warum in Baden-Württemberg erst Anfang 2015 ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss/PUA eingerichtet wurde, der der Frage nachgehen soll, welche Rolle Baden-Württemberg im NSU-Komplex spielte.
Noch weniger versteht man – auf den ersten Blick – warum alle im Parlament vertretenen Parteien einen PUA auf ihre je eigene Weise zu sabotieren versuchten. Warum sträubte sich auch die gegenwärtige rot-grüne Landesregierung gegen die Einsetzung eines PUA? Warum deckt sie damit die Vorgängerregierungen, die von der CDU und FDP gestellt wurden? Was eint CDU, FDP, SPD und die Grünen?
Warum leugnen sie bis heute die herausragende Rolle, die Baden-Württemberg für die Geschichte des NSU und ihre Nicht-Aufklärung markiert?

 

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Kampf um die Wahrheit | Dokumentation zum NSU-VS-Komplex in 3SAT am 6. Juli 2015 um 22.25 Uhr

Kampf um die Wahrheit

»Am 04.11.2011 brennt in Eisenach-Stregda ein Wohnmobil. Wenige Stunden später explodiert in Zwickau eine Wohnung. Schon bald vermelden Polizei und Staatsanwaltschaft den Fund diverser Waffen und eines Bekennervideos. Zwei Männer sind tot, eine Frau ist auf der Flucht. Sie stellt sich ein paar Tage später Polizei und Staatsanwaltschaft. Der Fall scheint klar. Die Drei sind das „Terror-Trio“, wie die Boulevardzeitungen titeln, der sogenannte NSU.

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Aliens – Um den NSU-Untersuchungsausschuss in Baden-Württemberg ist ein gnadenloser Machtkampf entbrannt |Thomas Moser

Aliens. – Um den NSU-Untersuchungsausschuss in Baden-Württemberg ist ein gnadenloser Machtkampf entbrannt |Thomas Moser

Die schlimmsten Befürchtungen bewahrheiten sich: Erst sollte die Aufklärung des Polizistenmordes von Heilbronn, Mord Nummer zehn im NSU-Komplex, mittels der Ermittlungsgruppe Umfeld des Landeskriminalamtes (LKA) verhindert werden, dann mittels einer Enquête-Kommission im Landtag, nun durch einen Untersuchungsausschuss selber. Am 4. Mai 2015 nahm der Ausschuss den Tatort Theresienwiese in Heilbronn in Augenschein und ließ sich vom LKA-Vertreter Axel Mögelin Ermittlungsergebnisse schildern – und auf einmal scheinen alle Zweifel beseitigt. Der Mordanschlag auf die Polizistin Michèle Kiesewetter und ihren Kollegen Martin Arnold geschah doch so, wie es die Bundesanwaltschaft behauptet: Allein durch zwei Täter. Beispielhaft für das fast einhellige Presseecho die kleine taz-Schwester Kontext:

„Ein einziger Spaziergang von gut zwei Stunden hat den baden-württembergischen NSU-Untersuchungsausschuss einer Lösung seiner Aufgabe nähergebracht, die Umstände der Ermordung von Michèle Kiesewetter aufzuhellen. Die Begehung der Heilbronner Theresienwiese konnte die bisherige Zwei-Täter-Theorie der ermittelnden Behörden nicht erschüttern. Eher im Gegenteil.“

IM Gall (SPD) bei der Arbeit

IM Gall (SPD) bei der Arbeit

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Die ungewöhnliche Geschichte der V-Frau ›Krokus‹

Die ungewöhnliche Geschichte der V-Frau ›Krokus‹

Am 27. April 2015 werden die Ereignisse und Umstände rund um die V-Frau ›Krokus‹ Gegenstand des PUA in Baden-Württemberg. Geladen sind u.a. die Neonazi-Frau Nelly Rühle, der V-Mann-Führer ›Rainer Öttinger‹, mit Klarnamen Oswald und ein ›G.K.Q. | Polizeipräsidium Aalen‹, mit Klarnamen KHK Gerhard Quendt.
Die Geschichte der V-Frau des Verfassungsschutzes in Baden-Württemberg mit dem Decknamen ›Krokus‹ ist in vielerlei Hinsicht ungewöhnlich. Sie wurde nicht im Rahmen eines Konzessionsangebots ›angeworben‹. Das ist die weitaus beliebteste Methode, Spitzel anzuwerben.

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