Alles Müller oder was?

Der Schornsteinfeger und der Meister der Verschwörungstheorie

Dreizehn Jahre lang wollen die bestens ausgerüsteten Geheimdienste (BfV/BND/MAD) von der Existenz eines neonazistischen Untergrundes namens ›NSU‹ nichts gewusst haben. Auch über 40 namentlich bekannte V-Leute im Nahbereich des ›NSU‹ sollen nach dem Willen der Geheimdienste nichts gewusst haben, selbst dann nicht, als der V-Mann des BfV Thomas Richter mit Deckname ›Corelli‹ im Jahr 2002 ein Grußwort an den NSU  veröffentlicht hatte: »Vielen Dank an den NSU, es hat Früchte getragen. Der Kampf geht weiter …«

All das wurde von den marktbeherrschenden Medien ohne einen Zweifel hingenommen, ohne kritische Nachfragen übernommen, bis hin zur rassistischen Klassifizierung der Mordserie als ›Dönermorde‹.

 

Maaßen-BfV-ab-2012

Es gab nicht viele, die dieser Version widersprochen hatten. Zu den wenigen zählte die AufruferInnen zur Demonstration 2006 in Kassel, nachdem der Internetbesitzer Halit Yozgat ermordet wurde. Auf ihren Banner schrieben sie: »Kein 10. Opfer«.
Man ignorierte, man verschwieg freiheitlich und ohne Zensur diesen Widerspruch. Auch die Linke machte da keine Ausnahme.
Nun steht fest, dass die Ermittlungsbehörden 13 Jahre lang in die falsche Richtung ermittelt haben, dass ihre Ergebnisse falsch und manipuliert waren. Die Medien bedauerten diesen Kniefall vor polizeilichen Ermittlungsergebnissen und mahnten sich und andere zur kritischen Distanz.
Seit 2012 wissen wir, dass alles, was in die falsche Richtung geführt hatte, was den neonazistischen Terror ungehindert hat gewähren lassen, Pannen und bedauerlichen Zufällen geschuldet ist.

Wieder sind die marktführenden Medien dabei, diese Version zu übernehmen. Wer diesem System der Zufälle widerspricht, wird in die Ausnüchterungszelle für Verschwörungstheoretiker gesteckt. Doch das ist nicht nur ein Problem der Medien. Es ist auch ein Problem der Linken.
Selbstverständlich haben auch sie Zweifel an der offiziellen Version. Das hört sich z.B. bei Fritz Burschel, der als Referent für Rechtsextremismus bei der Rosa Luxemburg Stiftung arbeitet, dann so an: »Er hat ja so recht …« Das war natürlich zynisch gemeint. Denn wenig später denunziert er die Überlegungen und Schlussfolgerungen, die der Zufall- und Pannentheorie widersprechen, als »Verschwörungstheorie«.
Seine diesbezügliche Einschätzung habe ich als Beitrag:
https://wolfwetzel.wordpress.com/2015/12/04/tiefer-staat-oder-doch-wachkoma-eine-rezension-von-friedrich-burschel/
veröffentlicht.

Nun folgt meine Antwort darauf, denn es geht um kein persönliches Problem, sondern um ein sehr politisches! Sich in die Reihe der Zweifler einzureihen, gehört heute zum guten Ton, wenn man nicht hinter das mittlerweile eingestandene ›Staatsversagen‹ zurückfallen will.
Wenn ein Staatsversagen eingeräumt wird, ist die Annahme nicht verwegen, festzuhalten, dass ein solches Staatsversagen nicht 13 Jahre lang zufällig und überall, in allen Bundesländern und auf allen Hierarchieebenen passieren kann? Sich diesen Fragen zu stellen, um nach möglichen Antworten zu suchen, wäre Aufgabe einer Linken, die – bei allen Unterschieden – Herrschafts- und Ideologiekritik (also auch Staatskritik) als gemeinsames Instrumentarium nutzt.
Das müsste für eine Linke eine Herzensangelegenheit sein, vor allem dann, wenn sie weiß, dass an zahlreichen Stellen des NSU-VS-Komplexes eine Aufklärung sabotiert wird, aus Gründen des Staatswohls, das der ehemalige Vize-Chef des Geheimdienstes Klaus-Dieter Fritsche bereits 2012 in Anschlag gebracht hatte:

»Es dürfen keine Staatsgeheimnisse bekannt werden, die ein Regierungshandeln unterminieren. (…) Es gilt der Grundsatz ›Kenntnis nur wenn nötig‹. Das gilt sogar innerhalb der Exekutive. Wenn die Bundesregierung oder eine Landesregierung daher in den von mir genannten Fallkonstellationen entscheidet, dass eine Unterlage nicht oder nur geschwärzt diesem Ausschuss vorgelegt werden kann, dann ist das kein Mangel an Kooperation, sondern entspricht den Vorgaben unserer Verfassung. Das muss in unser aller Interesse sein.«

Welche Staatsgeheimnisse sollen geschützt werden, wenn es um die Aufklärung der NSU-Terror- und Mordserie geht? Was könnte und würde ›Regierungshandeln‹ erschweren? Und was verraten unter Verschluss gehaltene V-Mann-Akten, wenn diese doch nichts gewusst haben?
Eigentlich macht es genau dieser ehemalige Vize-Geheimdienstchef – auch der Linken – sehr einfach, sich von der Zufall- und Pannentheorie zu verabschieden … und der Spur zu folgen, die Fritsche gelegt hat.
Ob diese Spurensuche in die Irre führt oder in 20 Jahre wieder so lapidar abgehakt wird, wie nach der 13 Jahre währenden Ahnungslosigkeit, wird man sehen. Aber es ist gerade Aufgabe der Linken, dieser Spur zu folgen, anstatt mit vielen Schwingern ins Leere zu schlagen.

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Der Fall Zschäpe – Was wusste der Verfassungsschutz?

Jetzt rücken auch die beiden ZDFzoom-Autoren Rainer Fromm und Ron Boese zwei Felder vor … Mit sehr großer Verspätung »legen (sie) die Vermutung nahe, dass die Verfassungsschutzämter gut über die rechte Szene im direkten Umfeld des NSU Bescheid wussten.
In der ZDFzoom-Dokumentation „Der Fall Zschäpe – Was wusste der Verfassungsschutz“ zeigen die beiden Journalisten anhand von Akten des Prozesses gegen Beate Zschäpe und vier weitere Mitangeklagten wie der Geheimdienst an dem Aufbau der gewaltbereiten Neo-Nazi-Szene Ostdeutschlands beteiligt war. Dies wurde den Autoren in zahlreichen Gesprächen mit ehemaligen V-Leuten, Geheimdienstlern und Prozessbeteiligten bestätigt. Neben dem Zahlen erheblicher Geldsummen haben offensichtlich die Verfassungsschutzämter vor allem durch den Einsatz von V-Leuten steuernd in die rechte Szene eingegriffen. Den Behörden, so der Eindruck der Autoren, gehe häufig der Quellenschutz vor Strafverfolgung.«
ZDF |Mittwoch 11.11.2015 | 22:45 – 23:15 Uhr

Wieviel Geheimdienst im NSU-Netzwerk steckt, ist eigentlich seit Langem bekannt: Es sind mittlerweile über 40 namentlich bekannte V-Leute, die im Nahbereich des NSU agierten: Sie haben den Untergrund mitangelegt, sie haben Waffen, Wohnungen, Autos, Geld und „Papiere“ besorgt. Einer, um genau zu sein, Thomas Richter mit Deckname „Corelli“ hat bereits 2002 ein Grußwort an den NSU verfasst:

Vielen Dank an den NSU, es hat Früchte getragen. Der Kampf geht weiter …

V-Mann-Thomas Richter

und die Ausgabe – wie immer – seinem V-Mann-Führer als „Leistungsnachweis“ vorgelegt:

V-Männer als Staatsanteil im NSU-Netzwerk

Plakat-Summe-NSU-VS-c-III-Netz

Zehn NSU-Morde und drei tote Zeugen

Zehn NSU-Morde und drei tote Zeugen

(aktualisiert am 1.4.2015)

Am 28. März 2015 wurde »eine 20-jährige Zeugin im Prozess um den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) tot in ihrer Wohnung aufgefunden.« Laut Polizeiangaben wurde sie von ihrem Lebensgefährten mit Krampfanfällen in der Wohnung gefunden. Die herbeigerufenen Ärzte konnten ihr Leben nicht retten. Einem vorläufigen Obduktionsbericht zufolge sei sie an einer Lungenembolie gestorben.

Wie eine 20-Jährige an einer Lungenembolie sterben kann, erklärten die Ermittler auch. Sie habe sich vier Tage zuvor eine Prellung im Knie zugezogen, die auch ärztlich behandelt wurde, wozu auch eine Thrombosevorsorge zählte. Diese sollte jedoch nicht verhindern, dass sich ein Thrombus gelöst habe, der letztendlich die Lungenembolie verursacht habe.
Genau so sehen das Dr. Tobias Wagner/Staatsanwalt und Fritz Bachholz/Erster Polizeihauptkommissar in einer gemeinsamen Pressekonferenz vom 30.3.2015.

Es ist die dritte Zeugin, die aufgrund von gemachten Aussagen zum NSU-VS-Komplex, stirbt. Sie heißt Melisa Marijanovic.

jW-Titelseite-3-2015 Den Rest des Beitrags lesen »

Thomas Moser | Vortrag im NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg – Spuren – Fragen – Widersprüche

Thomas Moser | Vortrag im NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg – Spuren – Fragen – Widersprüche

Thomas Moser wurde am 20. Februar 2015 als Journalist vor den parlamentrarischen Untersuchungsausschuß/PUA in Baden-Württemberg gehört, um dort seine umfangreichen Recherchen vorzutragen. Sein Vortrag belegt nicht hat nur sehr eindringlich, wie die Ermittlungen bisher behindert, wie Beweise unterschlagen und manipuliert und Zeugen für unglaubwürdig erklärt wurden, die der offiziellen Version massiv widersprechen  – selbst wenn es sich um einen kenntnisreichen Mann handelt, der aus den ›eigenen Reihen‹ kommt und damit seine berufliche Karriere aufs Spiel setzte – was im ganzen NSU-VS-Komplex nicht oft vorgekommen ist.
Ebenso ist es Thomas Moser hoch anzurechnen, dass er daran erinnert, wie massiv die Widerstände waren, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Baden-Württenberg durchzusetzen und dass die Weigerung, das schärfste Schwert eines Parlamentes auch einzusetzen, nach wie vor sehr virulent ist.

Hier der Vortrag:

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Warum wurde der Mordanschlag in Heilbronn 2007 nicht verhindert?

Warum wurde der Mordanschlag in Heilbronn

2007 nicht verhindert?

aktualisiert am 3.11.2014

»So ist weiterhin ungeklärt, warum dieses Trio all die Jahre nicht entdeckt wurde. Bis hin zu dem ungeheuerlichen Verdacht, daß sie vielleicht gar nicht gefasst werden sollten. Und nach wie vor ist auch ungeklärt, ob der NSU tatsächlich nur aus drei Personen bestand

Mit diesen Worten leitete die Moderatorin Marietta Slomka am 14. Januar 2014, zwei Tage, bevor in München erstmals der Mordanschlag auf Polizisten in Heilbronn verhandelt wurde, einen TV-Beitrag im ›heute-journal‹ ein. Man muss der Moderatorin dafür danken, dass sie diesen Verdacht in die Primetime brachte – für den es mehr Indizien gibt, als für die offizielle Version.

In der Anklageschrift werden die beiden NSU-Mitglieder Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos für diesen Mordanschlag verantwortlich gemacht.

Laut Generalbundesanwaltschaft/GBA galt dieser Mordanschlag zwei »Repräsentanten des Staates«. Es soll sich demnach um »Zufallsopfer« gehandelt haben.

Das Ziel dieses Mordanschlages soll gewesen sein, sich in Besitz der beiden Dienstwaffen zu bringen.

Trauer-um-Polizistin-Kiesewetter

Als Beweis für die Täterschaft der beiden NSU-Mitglieder werden die 2011 im Campingwagen gefundenen Waffen angeführt. Außerdem habe man in der Wohnung in Zwickau eine Jogginghose gefunden, auf der sich das Blut vom Michele Kiesewetter befand.

»Wenn ein Killerkommando von Thüringen nach Süddeutschland fährt, um in einer Kleinstadt dort eine Polizistin umzubringen und ihr die Dienstwaffe abzunehmen – dann muss man schon von der Bundesanwaltschaft sein, um es für einen Zufall zu halten, dass diese Polizistin ausgerechnet aus der gleichen Thüringer Ecke stammt wie das Killerkommando selbst …« (S.147)

Ein solcher Erkenntnisstand, der sich mittlerweile auch in der Anklageschrift in München wiederfindet, ist selbst für einen Kriminalkommissar im Roman des Krimiautoren Ulrich Ritzel (›Trotzkis Narr‹) eine Beleidigung.

Nichts ist unwahrscheinlicher als diese Version.

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Über NSU, Antisemitismus und staatlichem Untergrund

Über NSU, Antisemitismus und staatlichem Untergrund

Israel zum Bestandteil der deutschen Staatsraison machen und Antisemitismus (in Gestalt des NSU) hier in Deutschland bewaffnen … geht das (zusammen)?

Ja.

Den Antisemtismus bekämpfen, wenn er auf den Staat Israel zielt, ihn bewaffnen, verharmlosen, finanzieren und vor Verfolgung schützen – wenn er sich gegen MigrantInenn und Linke richtet – geht das (zusammen)?

Ja.

 

Radio-Flora-Hannover-Logo

Radio-Flora-Interview vom 5.8.2014 zum NSU bzw. staatseigenen Untergrund:

http://www.radioflora.de/contao/index.php/Beitrag/items/staatlich-gefoerderte-terrorgruppe-nsu-nationsozialistischer-untergrund.html

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