Die langen Schatten einer Streitschrift über Israel, Palästina und die deutsche Linke – und über das stille Gift der (Selbst-)Zensur
Im Juli 2014 erfuhr ich über das Online-Portal MIGazin, dass es einen interessanten Text zu Israel gäbe, eine Streitschrift von Anna-Esther Younes, die sich biographisch und politisch im deutsch-palästinensischen Grenzland bewegt.
Der Krieg der israelischen Armee im Gazastreifen 2014 war in vollem Gange, mit täglichen Bombardements und täglichen Bildern. Er sollte die Antwort auf fortgesetzten Raketenbeschuss vonseiten der Hamas sein, die im Gazastreifen die politische Macht hat.
Am Ende dauerte dieser Krieg 50 Tage. Mehr als 2.200 PalästinenserInnen kamen ums Leben, darunter Hunderte Zivilisten. Die zivile Infrastruktur wurde zum Teil gezielt massiv zerstört. Auf israelischer Seite wurden 73 Menschen getötet.
Die überwiegende Stimmung in Deutschland – gerade auch unter der Linken – war zaghaft bis unsicher. Man hatte das Gefühl, dass jede Antwort, Einmischung, Stellungnahme falsch ist, dass es keine „gute“ und keine „richtige“ Seite in diesem Konflikt gäbe.
Die wenigen Stellungnahmen wurden dann auch sofort unters intellektuelle Feuer genommen und hatten meist die Treffgenauigkeit der selbstgebauten Raketen: Es war von mühsam versteckten und offenem Antisemitismus die Rede, während jede Art der Berücksichtung israelischer Wahrnehmungen als „imperialistische Kriegsbefürwortung“ gegeißelt wurde. Die wenigen Stimmen, die sich ins deutsch-israelische Grenzgebiet wagten, gingen unter.
Das Ganze mündete dann in der Neuentdeckung einer Äquidistanz.