G20-Gipfel in Hamburg und der politische Kassensturz

Über Gipfel und Niederungen

Mindestens 130 Millionen Euro und über 20.000 Polizisten wurden aufgeboten, um in eineinhalb Tagen zu diesem Ergebnis zu kommen:

Die polizeiliche und strafrechtliche Aufrüstung unter dem Label „Antiterrorkampf“ geht weiter. Die Einigkeit in diesem einen Punkt war bemerkenswert und systemübergreifend. Sie reicht von Diktaturen, Fast-Diktaturen, autokratischen Systemen bis hin zu Demokratien im Ausnahmezustand.

Kein einziger G20-Staat hat sich in Hamburg dafür eingesetzt, seine Kriegsbeteiligung(en) zu beenden, den eigenen Waffenhandel zu stoppen.

Einig war man sich am Rande, das in Afrika verstärkt zu tun, was man auf anderen Kontinenten längst tut: ausbeuten.

„Die G20-Staaten stellten sich in Hamburg hinter den „Compact mit Afrika“, mit dem Berlin sich neuen Einfluss auf dem afrikanischen Kontinent sichern will. Der „Compact“ sieht Maßnahmen vor, die es Industrienationen wie Deutschland faktisch ermöglichen, die Investitionsbedingungen in einzelnen Staaten Afrikas weitgehend nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Als Partner dafür hat die Bundesregierung Tunesien, Ghana und Côte d’Ivoire gewählt. Während Tunesien längst als bedeutender Niedriglohnstandort deutscher Unternehmen fungiert, steht Côte d’Ivoire noch unter maßgeblichem Einfluss Frankreichs – ein Zustand, den Berlin mit Hilfe des „Compact mit Afrika“ zu brechen hofft. Insgesamt soll der „Compact“ vor allem helfen, den deutschen Wirtschaftseinfluss in Afrika nach vielen gescheiterten Versuchen der vergangenen Jahre endlich zu intensivieren. Aus Sicht des deutschen Establishments drängt die Zeit: Mit China ist ein weltpolitischer Rivale mittlerweile zum wohl bedeutendsten Wirtschaftspartner zahlreicher afrikanischer Staaten aufgestiegen.“ (german-foreign-policy.com vom 10.7.2017)

 

Furchtbar einig ist man sich auch, die Flucht verstärkt zu bekämpfen, also zu verhindern, dass die Ursachen von Flucht und Elend die Ländern erreichen, die vom dortigen Elend am meisten profitieren und wesentlichen Anteil daran haben, dass die Menschen keine andere Überlebenschance mehr sehen, als zu fliehen.

Dafür tut man sich zusammen, mit dem türkischen Ministerpräsidenten Erdogan genau so wie mit para-staatlichen Milizen in Libyen.

Man kann es auch so zusammenfassen: Man setzt die Politik der Ausbeutung, der Verarmung und Zerstörung fort und verstärkt die Maßnahmen, dass die mörderischen Folgen dieser Politik die (meisten) G-20-Staaten nicht erreichen.

Die „kannibalische Weltordnung“ (Jean Ziegler) hat in Hamburg gezeigt, dass sie sich nicht aufhalten läßt – weder durch die 50 Millionen Menschen auf der Flucht, weder durch das tägliche Sterben an Hunger oder im Mittelmeer, noch durch die „Krawalle“ in Hamburg.

Selbstverständlich sind die „Krawalle“ in Hamburg nicht die Antwort auf dieses globale Wissen. Auch die „friedlichen Proteste“ sind es nicht.

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68 liegt vor uns

Memories - 1968 in Frankfurt a.M. 01 Auch die schwarz-grüne Stadtregierung in Frankfurt gehört selbstverständlich zu jenen, die sich ›68‹ in ihr Portfolio gelegt haben. Anläßlich des 40-jährigen Jubiläums der ›68er‹ präsentiert das Historische Museum die Ausstellung ›Die 68er. Kurzer Sommer – lange Wirkung‹. Zum Warm-up für Journalisten lud das Presse- und Informationsamt Frankfurt für den 28.4.2008 zu einer Tagesveranstaltung ein:

The times they are changin‘ – Die 68er ins Museum?

Im Rahmen dieses Programmes ging es auch in den Club Voltaire, der erfolgreich Kneipe, Veranstaltungsort und Gruppenräume unter einen Hut bringt. Der Club Voltaire, im Zuge der 68er gegründet, gehört zu den wenigen Projekten, die sich bis heute die kritische Distanz zum Bestehenden bewahrt haben – was nicht nur politisch eine Rarität, sondern auch ganz materialistisch betrachtet ein Kunststück ist: Der Club Voltaire liegt in der Innenstadt, nahe der Goethestraße, der ›golden mile‹ Frankfurts, also für Menschen ab 100.000 Euro Einkommen. Genau dort, wo in aller Regel alleine der Quadratmeterpreis politisch Er- bzw. Unerwünschtes ohne großes Aufsehen selektiert.

Die Stadt Frankfurt, in den Händen einer schwarz-grünen Regierung hatte die Location für die Veranstaltung ›Fünf Finger sind eine Faust – Von der Gewalt zum Krisenmanagement?‹ mit Fingerspitzengefühl ausgesucht. Denn sie war und ist nicht nur ein Ort der politischen Debatte, sondern immer wieder in seiner langen Geschichte auch ein Ort der Zuflucht, wenn Menschen vor Polizeieinsätzen zu fliehen versuchten.
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(autonome) Geschichte wird gemacht (1986)

>(autonome) Geschichte wird gemacht, es geht (so) voran …<(Fehlfarben)


0. Vorwort

Dieser Text versucht, sieben Jahre autonome Geschichte zu reflektieren,wenn man das Geburtsjahr 1980 wählt.Er wurde für die >Libertären Tage<, die im April 1987 in Frankfurt stattfanden, geschrieben. Mehr als 2.000 TeilnehmerInnen aus dem anarchistischen und autonomen Spektrum warfen unsere Erwartungen und Planungen über den Haufen. Über mehrere Tage wurde u.a. der ›Stand autonomer Bewegungen‹ und das Verhältnis zum bewaffneten Kampf der RAF und antiimperialistischer Gruppierungen diskutiert[1]. Das Bedürfnis, innezuhalten, sich umzuschauen, die politischen Ereignisse der letzten Jahre zu rekapitulieren und einzuordnen, drückte sich in einer ungewohnten Geduld und Ausdauer in meist überfüllten Veranstaltungsräumen aus.

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