Das UN-Völkerrecht als App

Umstritten

Folterungen, die von der US-Regierung und befreundeten Staaten als »verschärfte Verhörsmethoden« bezeichnet werden, sind bei den befreundeten Staaten und Medien in besten Fall »umstritten«.
»Außergerichtliche Hinrichtungen«, also Liquidierungen, die nach Auswertung einer »Nominierungsliste« (an der sich viele Staaten engagiert beteiligen – u.a. die deutsche Regierung) vollzogen werden, sind bestenfalls »umstritten«, wenn sie von befreudeten Staaten begangen werden und von befreundeten Regierungen und Medien Erwähnung finden.

Drohnenkrieg-Todenhöfer-2014
Die Besetzung und Besiedlung fremder Territorien sind im äußersten Fall »umstritten«, wenn sie von befreundeten Regierungen vorgenommen und von befreundeten Medien kommentiert werden.
Wenn eine UN-Resolution den Rückzug der israelischen Armee aus besetzten Gebieten und die Umsetzung der »Zwei-Staaten-Lösung« fordert, dann ist das nicht die Umsetzung des UN-Völkerechts (und zahlloser UN-Resolutionen), sondern eine »Konfrontation« (amerikanische UN-Botschafterin Samantha Power), die Israel und seine befreundete Regierungen als »zutiefst unausgewogen« zurückweisen.
Und wenn die palästinensische Regierung dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag beitreten will, um dort Klagen wegen Kriegsverbrechen einreichen zu können, dann ist das nach Meinung der US-Regierung eine »Eskalation«, der man mit allen befreundeten Regierungen zusammen entgegentreten will. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu fügte hinzu, sein Land werde nicht näher beschriebene »Vergeltungsmaßnahmen« (zeit.de vom 31.12.2014) ergreifen.
Wie wäre es, wenn westliche Regierungen und befreundete Staaten einfach sagen würden, dass das internationale Recht und die darauf basierende internationale Gerichtsbarkeit nur dann Gültigkeit haben, wenn sie es sagen.
Das würde viel Geld und viel Zeit sparen.

Unbestritten.


Wolf Wetzel

Um die „Einseitigkeit“ dieses knappen Einwurfes zu verstehen, seien zwei Texte empfohlen:

Die Beteiligten am US-Folterprogramm sitzen überall … gut

Wer hat angefangen? Gaza – ein Gefängnis ohne Wärter

 

Wer hat angefangen? Gaza – ein Gefängnis ohne Wärter

aktualisierte Fassung vom 28.7.2014

Dem tagelangen Bombardement  folgte am 17.7.2014 der militärische Einmarsch in Gaza – ein Gefängnis ohne Wärter.

 

Gaza-Mauer

 

Wenn in einem Gefängnis eine Revolte ausbricht, die Gefangenen die Erniedrigungen nicht mehr aushalten, dann trifft es selten oder gar nicht die Gefängnisverwaltung, schon gar nicht die politisch Verantwortlichen. Meist werden Wärter als Geisel genommen, manchmal sogar Mitgefangenen, um dieses Kontinuum der Erniedrigung und Demütigung zu durchbrechen.
Der Gazastreifen hat eine Fläche von 360 Quadratkilometer, nicht einmal halb so groß wie Berlin. Dort leben ca. zwei Millionen Menschen, u.a. auch Flüchtlinge, die ihr Zuhause verlassen mussten, als sie im Zuge der Staatsgründung Israels 1948 vertrieben wurden.
Der Gazastreifen wurde im ›Sechs-Tage-Krieg‹ von der israelischen Armee 1967 besetzt. Man begann – wie in allen besetzten Gebieten – auch dort mit dem Aufbau »jüdischer Siedlungen«. Nachdem die Besatzung in vielerlei Hinsicht zu teuer wurde, verkündet die israelische Regierung 2004 den Rückzug aus Gaza. Seitdem ist Gaza ein Gefängnis ohne Wärter. Ein ›Freiluft-Gefängnis‹, das die Gefangenen selbst verwalten, während die Mauern immer höher gezogen werden, immer unüberwindbarer geworden sind.

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