Jenseits eines blinden und tiefen Staates – ein Zustandsbericht

Jenseits eines blinden und tiefen Staates

Im NSU-Prozess in München liegen 32 Prozesstage hinter uns. Von über 600 Zeugen wurden 98 befragt. Was in dieser Zeit zur Sprache kam, fällt meilenweit hinter das zurück, was aufmerksame Beobachter längst wissen (müssten). Das stört das Magazin Der Spiegel überhaupt nicht. Es zieht fröhlich Zwischenbilanz: Rasant in Richtung Wahrheit.“ Das könnte auch der Name einer Anstaltszeitung in einer bayrischen Psychiatrie sein.

Der folgende Beitrag möchte über den Tellerrand der systemischen Skandale blicken und auf zwei zentrale Fragen eingehen:

Reicht der Vorwurf des staatlichen Rassismus, um die unter dem staatlichen Rettungsschirm erfolgte Gründung und Aktivierung des NSU zu verstehen, den notorischen Unwillen, die neonazistische Mordserie zu stoppen bzw. aufzuklären?

Wenn man das „Versagen“ der deutschen Behörden nicht mit 4.745 Chaostagen erklären kann, hilft dann das Bild vom ›tiefen Staat‹, also von einem Staat im Staat weiter?

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Vom Asylbewerberleistungsgesetz zur Mordserie des nationalsozialistischen Untergrundes/NSU?

Mord aus Konsens?

aktualisiert am 27.7.2012

Wenn sich der dreizehnjährige Untergrund der neonazistischen Terrorgruppe NSU, die neun Morde, die ihm bislang zugeordnet werden, die zahlreichen Banküberfälle, nicht durch Pannen, persönliche Unzulänglichkeiten und sonstigen Unbill aufseiten der Verfolgungsbehörden erklären lassen, stellt sich die Frage: Welche politischen Motive könnten tragend sein, um die systematische Verhinderungen von möglichen Festnahmen, die koordnierte Weigerung, die Hinrichtung von türkischen Menschen in Verbindung mit neonazistischen und rassistischen Motiven zu bringen, die behördenübergreifende Vernichtung von Beweismitteln, die Lügen von Leitenden Beamte gegenüber den Untersuchungsausschüssen zu erklären? Gibt es politische Grundeinstellungen, die verbindender waren, als die möglichen Differenzen zwischen Polizei und Geheimdiensten, die stärker waren, als das Wissen, dass über 13 Jahre hinweg von Amtwegen Recht gebrochen, die Verfassung ad absurdum geführt wurde und dabei schwere Straftaten und Verbrechen gedeckt bzw. deren Aufklärung verhindert wurden?

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68 – als Staatsbegräbnis

Das Scheitern der 68er* als Erfolgsstory

The good, the bad and the ugly

In jedem politischen Strafverfahren wird mehr als Recht gesprochen, wie in dem im Februar 2001 abgeschlossenen OPEC-Prozess vor dem Landgericht in Frankfurt, wo zwei mutmaßliche RZ-Mitglieder auf der Anklagebank saßen. Dort ging es gleichermaßen darum, die Geschichte militanter, bewaffneter Kämpfe (aus-)zu richten – als »Todestrip« (Joschka Fischer), »gekennzeichnet von Zynik und Gefühllosigkeit« (Hans-Joachim Klein), als »Irrweg« (Joschka Fischer), der «eine gerechtere und humanere Welt versprach – und dabei zu Mitteln und Methoden griff, für die ich früher auf die Straße gegangen wäre« (Hans-Joachim Klein).

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