Rosa Luxemburg als OB-Kandidatin in Frankfurt

Es ist Wahlkampf in Frankfurt. Es geht um das Oberbürgermeisteramt 2018.

Große Plakate versprechen noch viel Größeres.

 

Der amtierende und lächelnde Oberbürgermeister Feldmann verspricht kostenfreie Kitaplätze.

Die lächelnde CDU-Kandidatin verspricht noch kostenfreiere Kitaplätze.

Der amtierende, lächelnde Oberbürgermeister verspricht die Mieten zu stoppen.

Die lächelnde CDU-Kandidatin verspricht noch viel billigere Wohnungen.

Der amtierende, lächelnde Oberbürgermeister verspricht ein sicheres

und sauberes Frankfurt.

Ob-Feldmann-Sicher-2018

Der so was an unabhängige Kandidat Stein verspricht ganz liberal die totale

Sicherheit, mit Rückkehrrecht:

Gebt der Stadt ihre Seele, ihre Ordnung und ihre Würde zurück!

Der amtierende und lächelnde Oberbürgermeister verspricht Zusammengehörigkeit.

Die noch mehr lächelnde CDU-Kandidatin verspricht ganz arge Zusammengehörigkeit.

Der amtierende und lächelnde Oberbürgermeister verspricht Selbstbestimmung im Alter.

OB-Feldmann-Selbstbestimmung-2018

Die laut lachende CDU-Kandidatin verspricht grenzenlose Selbstbestimmung – danach.

 

Wenn ich die Quersumme aus allen Angeboten ziehen dürfte, dann würde ich sagen:

Ein sauberes und sicheres Paradies.

 

Wir schauen uns die aufgehängten Plakate und Angebote an und können uns nicht entscheiden:

Wollen wir viel oder ganz viel, oder doch alles?

Dann macht mich meine Freundin

sie kommt aus Bayern

auf ein Plakat aufmerksam

das an einem Laternenmast hängt

ganz weit weg, oben

und ziemlich klein.

Schau doch mal, sagt sie völlig skandalfrei.

Ich schaue hoch.

Rosa Luxemburg stellt sich auch zur Wahl,

sagt sie.

Ich schaue meine Freundin aus Bayern an

schaue noch einmal hoch.

Wie schlicht das Plakat doch ist

ganz in Schwarzweiß gehalten.

Rosa Luxemburg lächelt nicht.

 

Eine zwanglose Richtigstellung

Rosa Luxemburg wird nicht an den OB-Wahlen teilnehmen. Tote sind nach wie vor nicht zur Wahl zugelassen, auch wenn man den Lebenden selbiges selten und so gar nicht ansieht.

Zudem steht folgende Aussage diesem wünschenswerten Missverständnis entgegen:

Ohne allgemeine Wahlen, ungehemmte Presse- und Versammlungsfreiheit, freien Meinungskampf erstirbt das Leben in jeder öffentlichen Institution, wird zum Scheinleben, in der die Bürokratie allein das tätige Element bleibt. Das öffentliche Leben schläft allmählich ein. Einige Dutzend Parteiführer von unerschöpflicher Energie und grenzenlosem Idealismus dirigieren und regieren. Unter ihnen leidet die Wirklichkeit. Ein Dutzend hervorragender Köpfe und eine Elite der Arbeiterschaft wird von Zeit zu Zeit zu Versammlungen aufgeboten, um den Reden der Führer Beifall zu klatschen und vorgelegten Resolutionen einstimmig zuzustimmen. Im Grunde also eine Cliquenwirtschaft – eine Diktatur allerdings, aber nicht die Diktatur des Proletariats, sondern die Diktatur einer Handvoll Politiker, das heißt Diktatur im rein bürgerlichen Sinne.“ („Zur russischen Revolution“, zuerst veröffentlicht 1922 von Paul Levi nach dem handschriftlichen Manuskript aus dem Nachlass)

Wolf Wetzel

Frankfurt | 2018

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