Der Staatsanteil am NSU
(aktualisiert am 8.4.2016)
Der Prozess gegen Beate Zschäpe und vier weitere Neonazis hat am 6. Mai 2013 begonnen. Wie viele tatsächlich auf der Anklagebank sitzen müssten, führte auch Angelika Lex, Anwältin und gewählte bayerische Verfassungsrichterin, auf der Demonstration in München am 13.4.2013 aus:
»Es fehlen vollständig die Verfahren gegen Ermittler, gegen Polizeibeamte, gegen Mitarbeiter des Verfassungsschutzes, gegen Präsidenten und Abteilungsleiter von Verfassungsschutzbehörden. Verfahren, die nicht nur wegen Inkompetenz und Untätigkeit, sondern auch wegen aktiver Unterstützung geführt werden müßten… Auf diese Anklagebank gehören nicht fünf, sondern 50 oder noch besser 500 Personen.« (Junge Welt vom 15.4.2013)
Nutzen wir die Zeit, die Namen derer zu nennen, die nicht auf der Anklagebank sitzen, die man durchaus als jenes NSU-Kontingent bezeichnen kann, das den Staatsanteil am neonazistischen Netzwerk ausmacht.
Im November 2011 wurde der amtierende Generalbundesanwalt Rainer Griesbaum in einem Interview mit der Zeitung ›Badische Neueste Nachrichten‹ gefragt:
»Hatten die mutmaßlichen Neonazi-Terroristen des NSU etwa Verbindungen zum Thüringer Verfassungsschutz?«
Antwort: »Uns liegen keine Anhaltspunkte vor, die diese Behauptung stützen könnten.« (Berliner Kurier vom 16.11.2011)
In diesem Beitrag geht es darum, dem obersten ›Aufklärer‹ jene Anhaltspunkte zu liefern, die in jedem anderen Verfahren nach § 129a vollkommen genügen würden, um wegen Unterstützung oder Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung angeklagt zu werden.
Im Folgenden sind die bislang namentlich bzw. mit ihrem Decknamen bekannter V-Männer aufgeführt, die sich im Netzwerk des NSU beweg(t)en.
Thomas Dienel, ›Küche‹, V-Mann des thüringischen Verfassungsschutzes
»Thomas Dienel gehört zu den umtriebigsten Personen des ostdeutschen Rechtsextremismus Anfang der 90er-Jahre. Sein Weg führte von den Jungen Pionieren über die ›Deutsche Sex-Liga‹ in die NPD. Später gründet Dienel seine eigene ›Deutsch-Nationale Partei‹ (DNP) in Thüringen, die fester Bestandteil des neonazistischen Netzwerkes um Michael Kühnen wird. (…) Als bezahlter Informant besucht er das Landesamt für Verfassungsschutz von Januar 1996 bis August 1997 insgesamt 93 mal. Als V-Mann ›Küche‹ soll er insgesamt rund 22.000 D-Mark Spitzellohn und rund 6.800 D-Mark für ›Essensaufwendungen‹ erhalten haben.« (MDR vom 21. Februar 2013)
Thomas Richter, Deckname ›Corelli‹, V-Mann des Bundesamtes für Verfassungsschutz 1994 – 2014
Thomas Richter war einflussreicher Neonaziaktivist aus Sachsen-Anhalt. Unter dem Decknamen ›Corelli‹ lieferte er dem Bundesamt für Verfassungsschutz Informationen, unter anderem aus einem deutschen Ableger des rassistischen Ku-Klux-Klans. (taz vom 9.10.2012). Thomas Richter (in Neonaziskreisen auch HJ Thommy gerufen), war auch Herausgeber des ›Nationalen Beobachter‹ und Betreiber von mehreren neonazistischen Internetseiten. Nach dem Abtauchen der späteren NSU-Mitgliedern 1998 kamen diese für mehrere Wochen bei HJ Thommy unter. »Thomas R. engagierte sich (…) bei dem rechten Fanzine ›Der Weiße Wolf‹ in dessen Ausgabe Nummer 18 im Jahr 2002 ein interessantes Vorwort erschienen ist. Fettgedruckt, ohne nähere Erläuterung, heißt es da: ›Vielen Dank an den NSU, es hat Früchte getragen. Der Kampf geht weiter …‹. Es ist die erste bekannte Erwähnung des NSU in der Öffentlichkeit, neun Jahre bevor die einzigartige Mordserie aufgedeckt wird.« (Spiegel-online vom 18.9.2012)
2005 übergab Thomas Richter seinem V-Mann-Führer eine CD mit der Aufschrift ›NSU/NSDAP‹ an den ›Verfassungsschutz‹. Thomas Richter ist der erste V-Mann, der sich auf der Adress- und Telefonliste der späteren NSU-Mitglieder befindet, die in der Garage in Jena 1998 gefunden wurde.
Torsten Ogertschnik/V-Mann › Erbse‹ des LfV Baden-Württemberg
Torsten Ogertschnik wurde bereits Ende der 80er-Jahre als V-Mann eingesetzt – im Bereich Rechtsextremismus im Raum Heilbronn. Angeblich soll er ›abgeschaltet‹ worden sein. Im Jahr 2003 tauchte Torsten Ogertschnik wieder auf: »Als der Verfassungsschützer Stengel den Informanten im August 2003 in Flein traf, will er nicht gewusst haben, dass es sich um eine frühere Quelle des Amtes gehandelt hat. Man habe ihm das nicht mitgeteilt. (…) Dass es sich bei Stauffenberg/Torsten O. um die Quelle Erbse gehandelt hat, habe er erst jetzt durch die Berichterstattung erfahren.« (kontextwochenzeitung.de vom 22.5.2013)
In den Räumen der evangelischen Kirche in Flein bei Heilbronn berichtete Torsten Ogertschnik nach eigenen Angaben folgendes: »Im letzten Themenkomplex habe ich den Bereich des Rechtsspektrums angesprochen und habe dem Herrn S. Sachen mitgeteilt, die ich von einem verdeckten Ermittler des Bundeskriminalamtes berichtet bekommen habe. Unter anderem sind in diesem Zusammenhang auch die Namen Böhnhardt und Mundlos gefallen. Ich habe vom Thüringer Heimatschutz und von dem Nationalsozialistischen Untergrund gesprochen.« (Interview mit Thomas Moser, Freitag |2015)
Tino Brandt, Quellennummer 2045 mit Deckname ›Otto‹/ Quellennummer 2150 mit Deckname ›Oskar‹, V-Mann des thüringischen Verfassungsschutzes von 1995 bis 2001
Tino Brandt war organisatorischer Kopf der neonazistischen Kameradschaft ›Thüringer Heimatschutz‹. Diese neonazistische Karriere wurde mit ca. 2.000 DM im Monat staatlich finanziert.
»35 Ermittlungsverfahren gegen den V-Mann listet das thüringische Innenministerium aus dieser Zeit auf: Volksverhetzung, Landfriedensbruch, Sachbeschädigung, Betrug und Bildung krimineller Vereinigungen. Er soll Ausschreitungen angezettelt haben. Die meisten Verfahren wurden auf wundersame eingestellt. Achtmal wurde Brandt angeklagt. Achtmal wurde Brandt freigesprochen.«
Tino Brandt hielt Kontakt zu den untergetauchten THS-Mitgliedern und bot ihnen seine Hilfe an (Beschaffung von Pässen, Weiterleitung von Geld usw.). (Codewort ›19 Uhr‹, spiegel.de vom 23.12.2011)
1998 besorgte er drei Blanko-Reisepässe, die André Kapke an die abgetauchten THS-Mitglieder weiterleiten sollte.
Vor dem OLG in München bestätigte Tino Brandt am 15.7.2014, dass er mehrmals Geld, das er vom Thüringer Verfassungsschutz erhalten hatte, an die abgetauchten THS-Mitglieder weitergereicht habe: »Geld vom Verfassungsschutz. Auf die Nachfrage des Vorsitzenden Richters, ob das Geld tatsächlich ausdrücklich für die Weitergabe an das Trio bestimmt war, antwortete Brandt: ›Soweit ich mich erinnere, war das direkt für die Weitergabe‹.« (n-tv vom 15.12.2014)
Tino Brandt ist der zweite V-Mann, der sich auf der Adress- und Telefonliste der späteren NSU-Mitglieder befindet, die in der Garage in Jena 1998 gefunden wurde.
Andreas Rachhausen, Deckname ›Alex‹, V-Mann des Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz ab 1996
Der Neonazi aus Saalfeld hat »unter dem Decknamen ›Alex‹ dem Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz als Gewährsmann gedient, als das mutmaßliche NSU-Kerntrio 1998 untertauchte. Nach Einschätzung des polizeilichen Staatsschutzes in Saalfeld war Rachhausen zugleich selbst »einer der gefährlichsten Rechtsextremisten«, so der frühere Leiter des zuständigen Kommissariats im Juni 2012 vor dem Thüringer NSU-Untersuchungsausschuß. Rachhausen galt als führende Figur der Neonaziszene in Saalfeld. Wenige Tag nach dem Abtauchen der drei Jenaer Neonazis soll er das unfallbeschädigte Fluchtauto aus Sachsen zurückgeholt haben. Erst nach der Aufdeckung des NSU nach dem Tod von Mundlos und Böhnhardt im November 2011 in Eisenach gestand er dies Beamten des Bundeskriminalamts und nannte als Auftraggeber Ralf Wohlleben, der in München wegen Beihilfe zum Mord vor Gericht steht.« (jW vom 27.5.2014)
Belegt ist, dass er in die Flucht der späteren NSU-Mitglieder eingebunde war: Er war 1998 damit beauftragt, das Fluchtauto zurückzubringen. Davon wußte das LfV Thüringen, ohne diese Kenntnisse an die Polizei weitergegeben zu haben. (Spiegel vom 7.4.2013)
Kai Markus Dalek, V-Mann des Landesamtes für Verfassungsschutz in Bayern ab 1994
Kai Dalek war » … einer der Führungsköpfe der 1984 vom damaligen Neonazi-Führer Michael Kühnen gegründeten ›Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front‹ (GdNF) und Mitglied der 1989 aus dem Bremer Landesverband der Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP) heraus gegründeten Kühnen-treuen ›Deutschen Alternative‹ (DA). Der umtriebige Neonazi leitete ab 1988 die GdNF-Vorfeldorganisation ›Antikommunistische Aktion‹ (ANTIKO), eine Vorläuferorganisation der Anti-Antifa.« (bnr.de vom 17.10.2012)
Kai Dalek gehörte zu den Gründern des neofaschistischen ›Thule-Netzwerkes‹. Kai Dalek wurde nach offiziellen Angaben vom LfV Bayern von 1994 bis 1998 als V-Mann geführt: »Auch das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz hat in den 1990er-Jahren einen V-Mann im Umfeld der späteren NSU-Terroristen geführt: Kai D.. Sein Name findet sich auf einer Adressliste des NSU-Mitglieds Uwe Mundlos, die 1998 nach dessen Untertauchen sichergestellt wurde.« (Auch Bayern hat V-Mann-Ärger, taz.de vom 17.10.2012)
Der V-Mann Tino Brandt bezeichnet den V-Mann Kai Dalek während seiner Zeit in Thüringen als » … sowas wie mein Vorgesetzter in der rechten Szene. Er war für den Aufbau in Thüringen zuständig, er hat uns versorgt mit Aufklebern, Flugblättern und hat für uns Kontakte hergestellt, bundesweit.«
Achim Schmid, V-Mann des Verfassungsschutzes in Baden-Württemberg ab 1996
Nachdem das Innenministerium jahrelang behauptet hatte, dass es keine V-Männer im NSU-Netzwerk in Baden-Württemberg führe, musste das Innenministerium in einer vertraulichen Sitzung im November 2013 zugeben, dass der Gründer des Ku-Klux-Klans/KKK in Schwäbisch Hall, der Rassist Achim Schmid zugleich V-Mann des LfV war, nach offiziellen Angaben von 1996 bis 2000. In diese Zeit fiel auch die Gründung des KKK in Schwäbisch Hall.
Mirko Hesse, ›Strontium‹, V-Mann des BfV von 1999 bis 2003
Mirko Hesse gehört zu den Anführern der Anfang der 90er Jahre gegründeten Sächsischen Hammerskins. »Der aus Langburkersdorf bei Neustadt stammende Hesse hatte 1997 seine Firma Hate Records angemeldet. Mit Fördergeldern des Freistaats Sachsen und der EU – insgesamt 13 000 Mark – baute er sein Unternehmen schnell zu einer der zentralen Vertriebsorganisationen rechtsradikaler Nazirock-CDs aus.« (Berliner Zeitung vom 3.11.2003)
Unter anderem produzierte er die CD für die Neonaziband ›Landser‹. Unter dem Decknamen ›Strontium‹ wurden die Informationen im BfV abgelegt, die Hesse zwischen 1999 und 2003 lieferte. In einem Interview rühmte er sich seiner guten Kontakte zum KKK.
Carsten Szczepanski, Deckname ›Piatto‹, V-Mann des Verfassungsschutzes in Brandenburg ab 1992/1997
»Szczepanski selbst war offiziell Mitglied des Ku-Klux-Klans in Kansas City und erhielt in Deutschland den sehr hohen KKK-›Dienstrang‹ eines ›Grand Dragon‹. Er selbst bezeichnete sich als »Außenstelle der weißen Ritter des amerikanischen Ku-Klux-Klan« … Ein 1992 geführtes Ermittlungsverfahren der Bundesanwaltschaft gegen Szczepanski wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung in Form einer terroristischen Teilorganisation des KKK wurde wegen nicht hinreichender Bestätigung eingestellt. Dabei wurden in diesem Zusammenhang in einer von ihm vormals angemieteten Wohnung vier Rohrbomben, chemische Substanzen und eine Zündvorrichtung sichergestellt.« (AIB 97/4.2012|19.01.2013)
Die Einstellung dieses Verfahrens hängt größter Wahrscheinlichkeit nach damit zusammen, dass Carsten Szczepanski 1992 »gegenüber den BKA-Vernehmern umfangreiche Aussagen« (taz vom 27.10.2014) und seitdem als V-Mann tätig wurde: »Christoph Kliesing (Rechtsanwalt des schwer verletzten Steve Erenhi) geht inzwischen davon aus, dass sowohl ihm als Nebenklägervertreter als auch dem NSU-Bundestagsuntersuchungsausschuss umfangreiche Akten vorenthalten worden sind. Das Motiv: Wahrscheinlich sei Carsten Sz., anders als bislang immer behauptet, schon seit Februar 1992 Quelle einer Sicherheitsbehörde gewesen.« (taz vom 27.10.2014)
»Gordian Meyer-Plath, inzwischen Chef des sächsischen Landesamtes, war einer der »Piatto«-V-Mann-Führer. Er kutschierte den Freigänger, wohin der wollte, gab ihm ein Handy – zugelassen auf das Brandenburger Innenministerium – und schrieb mit einem Kollegen eifrig Treffberichte.« (Affront gegenüber NSU-Opfern, ND vom 25.10.2014)
»Das Nazi-Fanzine ›United Skins‹ wurde von dem KKKler Carsten Szczepanski herausgegeben, der als V-Mann ›Piatto‹ jahrelang für den Brandenburger Verfassungsschutz spitzelte. Sein V-Mann-Führer war damals der Verfassungsschützer Gordian Meyer-Plath, inzwischen Chef des sächsischen Verfassungsschutzes und selbst Mitglied einer rechten Organisation, der ›Burschenschaft Marchia Bonn‹.«
Thomas Starke, VP 562, V-Mann des Berliner Landeskriminalamtes/LKA
Thomas Starke war einer der führenden Köpfe der sächsischen ›Blood & Honour‹-Sektion. Thomas Starke war nicht nur eine wichtige Figur in der Neonaziszene. Er war mit Beate Zschäpe liiert, er besorgte dem NSU auch den Sprengstoff, der 1998 in der von Beate Zschäpe angemieteten Jenaer Garage gefunden wurde/gefunden werden sollte.
Offiziellen Angaben zufolge wurde Thomas Starke von 2000 bis 2011 als ›Vertrauensperson‹, also Spitzel vom LKA Berlin geführt. Ob die geschredderten Akten zu zahlreichen V-Leuten belegen könnten, dass Thomas Starke zuvor V-Mann des Verfassungsschutzes in Sachsen war, müssen die Behörden klären. Belegt ist zwischenzeitlich, dass Thomas Starke vor seiner Übernahme durch das LKA Berlin eine »langjährig geführte Vertrauensperson« (MATA GBA – 3/47 a – 58, Blatt 307 ff) war.
Dann wäre die Frage beantwortet, wer die späteren NSU-Mitgliedern mit Sprengstoff versorgt hatte: ein V-Mann.
Thomas Starke war auch an der Illegalisierung der THS-Mitglieder beteiligt. U.a. besorgte er den ersten Unterschlupf.
Thomas Starke ist der vierte V-Mann, der sich auf der Adress- und Telefonliste der späteren NSU-Mitglieder befindet, die in der Garage in Jena 1998 gefunden wurde.
Andreas Rachhausen , ›Alex‹, V-Mann des LfV Thüringen
Mitglied im THS/Saalfeld. (Quelle: Der Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss. Blicke in den VS-Abgrund, AIB 101 vom 28.1.2014)
Marcel ›Riese‹ Degner , Deckname ›Hagel/2100‹, V-Mann des LfV Thüringen
Er war Sektionschef des Neonazi-Netzwerkes ›Blood & Honour‹ (B & H) in Gera/Thüringen und Kassenwart von B & H Deutschland. Was er genau als V-Mann und Neonazi gemacht hat, soll nicht mehr nachvollziehbar sein.
»Sein V-Mann-Führer (Jürgen Zweigert) bestätigte heute nicht nur, dass es sich bei ›Hagel‹ um Marcel Degner handelte, sondern erklärte sogar, dieser habe als sehr quellenehrlich gegolten und bei jedem der wöchentlichen Treffen über drei Jahre hinweg mehrere hundert DM an Prämien erhalten. Damit ist Degner auf einer Ebene mit dem V-Mann Brandt zu sehen: er war an herausragender Stelle tätig (der Zeuge sprach davon, der V-Mann habe „gute Aufbauarbeit“ der B&H-Struktur geleistet) und erhielt dafür eine ähnlich hohe finanzielle Gratifikation wie Brandt.« (Quelle: Rechtsanwalt Alexander Hoffmann und Rechtsanwalt Dr. Björn Elberling)
›Jule‹, V-Frau des LfV Thüringen
Juliane Walther ist Ex-Freundin von Ralf Wohlleben aus Jena. (Quelle: Der Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss. Blicke in den VS-Abgrund, AIB 101 vom 28.1.2014)
›VP 620‹, V-Mann des LKA Berlin von 2001 bis 2003
V-Mann ›620‹ war in der neonazistischen Musikszene in Sachsen, rund um die Band ›Landser‹ aktiv. »Das Landeskriminalamt hat im vergangenen Oktober von sieben Berichten aus alten Akten zu seinem früheren Spitzel ›VP 620‹, der mit dem Umfeld des Thüringer Trios in Kontakt stand, nur zwei dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages und dem Abgeordnetenhaus zugeleitet.« (tagesspiegel.de vom 8.5.2013)
Sebastian Seemann, V-Mann des Verfassungsschutzes in Nordrhein-Westfalen
»Seemann hielt sich in Dortmund im Umfeld der Skinhead-Rockband Oidoxie auf, die wiederum auch Verbindungen nach Kassel zur dortigen rechtsextremen Szene hat. Und auch dort hatte der Verfassungsschutz einen V-Mann: Benjamin G. Er wurde von dem Kasseler Verfassungsschützer Andreas Temme geführt.« (Die Welt vom 18.9.2013)
Peter Klose, V-Mann des Verfassungsschutzes in Sachsen
Langjähriger NPD-Funktionär: »Übereinstimmend berichten LVZ (Dienstags-Ausgabe) sowie DIE WELT online, dass Klose ›bis Ende der 1990er Jahre‹ für den Verfassungsschutz gearbeitet haben soll … Ermittler nehmen an, dass eine engere Bekanntschaft bestehen könnte zwischen Klose und dem Eminger-Paar, das den untergetauchten Neonazis u.a. Personaldokumente zur Verfügung gestellt haben soll. André Eminger wird daher ab Mitte April neben Beate Zschäpe und weiteren Unterstützern in München vor Gericht stehen.« (Gamma vom 25.3.2013)
V-Männer ›Treppe‹, ›Tobago‹, ›Tonfall‹, ›Tonfarbe‹, ›Tusche‹, ›Tinte‹, ›Terrier‹, ›Trabit‹, ›Tarif‹…
Mit diesen bisher bekannt gewordenen Decknamen wurden zwischen 1997 und 2003 mindestens acht Neonazis aus dem Umfeld des Thüringer Heimatschutzes/THS im Rahmen der ›Operation Rennsteig‹ (eine gemeinsame Anwerbeaktion vom BfV, dem Landesamt für Verfassungsschutz Thüringen und dem Militärischen Abschirmdienst/MAD) als Quellen ›gewonnen‹: »Letztlich sind es mindestens acht Quellen, die durch ›Rennsteig‹ gewonnen wurden. Sechs V-Leute wurden vom Bundesamt gelenkt, zwei vom Thüringer Landesamt. Und mindestens ein V-Mann arbeitet dem MAD zu.« (Verfassungsschutz rätselt über sich selbst, FR vom 30.5./1.6.2012)
Die Akten zu den V-Leuten ›Tobago‹, ›Tusche‹, ›Treppe‹, ›Tonfarbe‹, ›Tacho‹, ›Tinte‹ und ›Tarif‹ wurden beim BfV am 10. November 2011 geschreddert.
V-Mann Michael Doleisch von Dolsperg /vormals Michael See – Deckname ›Tarif‹, V-Mann des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) von 1996 bis 2003
»Er war von 1994 bis wenigstens 2002 einer der wichtigsten Neonazi-Aktivisten Deutschlands. See hatte Verbindungen zur Terrorgruppe ›Combat 18‹ und engen Kontakt zum Neonazi-Netzwerk ›Thüringer Heimatschutz‹. Polizeiakten belegen, dass Michael See mit vielen Unterstützern des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in Verbindung stand, darunter V-Mann Tino Brandt, der den Thüringer Heimatschutz mit aufgebaut hatte.« (Dokumentationsarchiv vom 1.10.2013)
Er gehörte zu den Mitherausgebern der Neonazi-Postille ›Sonnenbanner‹, in der in den 90er Jahren die Strategie des ›führerlosen‹ Terrors in Zellenstrukturen dargestellt und propagiert wurde. Diese Neonazi-Postille lag dem V-Mann- Führer sogar vorab vor.
Kurz nachdem die Bundesanwaltschaft den NSU-Komplex übernahm, wurde seine Akten vernichtet.
Carsten Schultze – V-Mann ›Delhi‹?
Bis Ende der 90er Jahre war Carsten Schultze fest in der Neonaziszene organisiert. Er war Mitglied im Thüringer Heimatschutz/THS und pflegte beste Kontakte zu den drei namentlich bekannten NSU-Mitgliedern. Im Jahr 2000 wurde er zum stellvertretenden Vorsitzenden der ›Jungen Nationalisten‹ in Thüringen gewählt. Kurz danach will er aus der Neonaziszene ausgestiegen sein.
Die Rechtsanwälte Alexander Hoffmann und Dr. Björn Elberling sprechen von einem Anwerbevorgang mit dem Decknamen ›Delhi‹, die Geburtsstadt des Neonazis. Carsten Schultze sitzt in dem NSU-Verfahren in München ebenfalls auf der Anklagebank: Ihm wird vorgeworfen, die Tatwaffe, eine ›Ceska 83‹ besorgt zu haben: Carsten Schultze »leitete die Waffe im Jahr 1999 oder 2000 an die flüchtigen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe weiter.« (Focus vom 26.02.2012)
Würde sich herausstellen, dass Carsten Schultze V-Mann war, dann hätte der Verfassungsschutz die Mordwaffe dem NSU zukommen lassen. (Weiteres zum V-Mann Tusche findet sich unter: http://www.dasdossier.de/notizen/tusche-und-tarif)
Marcel Degner, V-Mann des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz, ›Quelle 2100‹, ab 1999
Marcel Degner ist nicht nur Thüringer Sektionsleiter und bundesweiter Kassenwart des internationalen ›Blood & Honour‹-Netzwerks, sondern gilt auch als eine der wichtigsten Quellen des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz.
›Quelle 2100‹ soll schon 1999 dem Verfassungsschutz über die Begegnung mit Starke auf dem Neonazikonzert und die finanzielle Lage der drei Gesuchten berichtet haben.
Ralf Marschner, Deckname ›Primus‹, V-Mann des Verfassungsschutzes/BfV ab 1992
Ralf Marschner war Mitglied einer Skinhead-Band und lebte bis 2007 in Zwickau. In den 90er Jahren unterhielt er in Zwickau mehrere neonazistische Szeneläden, u.a. „The Last Resort Shop“. Marschner gehört zum Umfeld des deutschen Ablegers von ›Blood & Honour‹.
Außerdem war er Besitzer eines Bauunternehmens, namens »Bauservice Marschner« in Zwickau. Dort beschäftigte er Uwe Mundlos als „rechte Hand“ von 2000 – 2002. Also seit dem Jahr 2000 weiß der Geheimdienst über seinen V-Mann ‚Primus‘, wo sich Uwe Mundlos aufhält.
Primus als Deckname ist nicht übertrieben: Marschner wird von seinem V-Mann-Führer mit dem Decknamen Richard Kaldrack beim Bundesamt für Verfassungsschutz als „die einzige wirklich relevante Quelle in dem subkulturellen Bereich in den neuen Bundesländern“ (Zeugenvernehmung im Mai 2013 vor dem Bundestagsuntersuchungsausschuss) beschrieben.
»Neue Hinweise belegen jetzt, dass Ralf M. evtl. die Mietwagen für zwei NSU Morde im November 2001 in München und Nürnberg besorgt haben soll. Wenn sich diese Hinweise bestätigen, zeigt dies abermals, dass der Inlandsheimdienst wesentlich aktiver und direkter in die NSU Morde involviert war, als bisher behauptet.« (http://nsuprozess.info/2013/03/29/fruherer-v-mann-besorgte-moglicherweise-mietwagen-fur-nsu-morder vom 29.3.2013)
Toni Stadler, V-Mann des Verfassungsschutzes Brandenburg
Bis 2003 aktiv in der Neonaziszene in Cottbus und Guben. Offiziell wurde das Beschäftigungsverhältnis mit dem VS Brandenburg im Jahr 2002 beendet. 2003 zieht er nach Dortmund um, und will sich aus der Neonaziszene gelöst haben. Tatsächlich bestätigt ein weiterer V-Mann mit Codename ›Heidi‹, dass es am 1.4.2006 ein Treffen zwischen (Ex-)V-Mann Toni Stadler und Mundlos in Dortmund gab. Drei Tage später, am 4.4.2006 wird der 39-jährige Mehmet Kubaşık in Dortmund ermordet.
Kai-Uwe Trinkaus, Deckname ›Ares‹, V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes ab 2006
»Der frühere Erfurter NPD-Kreischef outete sich als jahrelanger V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes. Zwischen 2006 und 2010 habe er unter dem Decknamen Ares regelmäßig Informationen an den Geheimdienst geliefert, sagte er dem Sender MDR.« (süddeutsche.de vom 6.12.2012).
Benjamin Gärtner (›GP 389‹), V-Mann des LfV in Hessen ab 2002
»Benjamin G. diente sich, wie man heute weiß, bereits 2002 dem Verfassungsschutz als Zuträger an. Über seinen Stiefbruder, einen bekannten Rechtsextremisten aus der Kasseler Szene, hatte er Zugang zu Neonazi-Gruppen wie der ›Kameradschaft Kassel‹. Sein Stiefbruder stieg zum Kameradschaftsführer auf und war im Neonazi-Netzwerk ›Blood & Honour‹ aktiv.« (spiegel.de vom 3.9.2012)
Diese Information war nur die halbe Wahrheit: Benjamin Gärtner wurde bereits in seiner Wehrpflichtzeit 2001 als Spitzel vom MAD angeworben. Danach wurde er nahtlos vom LfV Hessen übernommen. Sein Stiefbruder Christian Wenzl war führender Kopf der ›Kameradschaft Kassel‹. Gleichzeitig lieferte er Informationen zu ›Sturm 18‹.
Matthias Rott, V-Mann des LKA Sachsen
»Er war Mitglied in der neonazistischen Kameradschaft ›Sturm 34‹, die im April 2007 verboten wurde. Im Rahmen eines Prozesses erklärte das ›Sturm 34‹-Mitglied, dass »er (…) schon vor der Gruppengründung mit der Polizei kooperiert (habe). Daraus ergibt sich der bis heute nicht ausgeräumte Verdacht, dass ein V-Mann der Polizei an der Gründung von ›Sturm 34‹ beteiligt gewesen ist.« (Polizei-Spitzel bei ›Sturm 34‹: Sachsens Innenministerium hielt Akten zurück, gamma vom 08/05/2013)
Nick Greger, ›VP 598‹, V-Mann des LKA Berlin von 2001 – 2003
Nick Greger, ist ein Neonazi-Kader aus Thüringen und Anhänger von Blood & Honour. Er hatte beste Verbindungen zum Neonazi Carsten Szczepanski, der zugleich V-Mann (Deckname ›Piatto‹) des LKA Berlin war.
Johann Detlef Helfer, ›Hitler von Köln‹, Neonazi aus Köln, aktiv in neonazistischen Kameradschaften, seit 1989 V-Mann des Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen
Johann Helfer, auch als »Hitler von Köln« bekannt, gehörte zusammen mit Axel Reitz lange Zeit zu den führenden Figuren der Kölner Neonazi-Szene. Im Juli 2015 machten Stefan Aust und Dirk Laabs, Autoren des Buches »Heimatschutz. Der Staat und die Mordserie des NSU«, in der »Welt am Sonntag« im Kontext des Bombenanschlages in der Kölner Probsteigasse von 2001 öffentlich, dass ein Phantombild »Ähnlichkeiten« mit diesem Neonazi und V-Mann aufweist.
Roland Sokol, V-Mann des LfV Baden-Württemberg seit 2009
Mitglied in der rassistischen ›Bruderschaft‹ Hammerskin, Bassist der Szeneband ›Triebtäter‹, beste Kontakte zum ›Blood & Honour‹-Netzwerk
»Der Verfassungsschutz war durch seinen V-Mann Roland Sokol direkt in die Aufrechterhaltung des Nazibetriebs im ›Rössle‹ involviert, obwohl der Geheimdienst in der Öffentlichkeit stets behauptete, alle Anstrengungen zu Schließung des größten und wichtigsten Nazizentrums in Baden-Württemberg zu unternehmen. (…) Sokol war Teilnehmer einer der ersten HoGeSa-Aufmärsche am 23.03.2014.« (Autonome Antifa Freiburg | Communiqué vom 04.10.2015)
»Nach Recherchen der taz hielt Sokol seit mindestens 2009 regelmäßigen Austausch mit einer Kontaktperson, die sich als „Michael W.“ ausgab. An dessen GMX-Adresse schickte er umfassende Informationen aus rechtsextremen Zusammenhängen. Dass V-Mann-Führer nicht unter ihren behördlichen Adressen mit ihren Quellen kommunizieren, ist gängige Praxis. Metadaten aus dem E-Mail-Verkehr, die die taz ausgewertet hat, führen jedoch von „Michael W.“ zurück auf Serverstrukturen der Landesverwaltung Baden-Württemberg. (…) Für die Behörde könnte die Enttarnung noch brenzlig werden. Wieder muss sich der Verfassungsschutz fragen lassen, wie nahe er am NSU-Trio dran war. Denn der umtriebige Sokol besaß auch einen Onlineshop für rechtsextreme Szenekleidung, den Patria-Versand – und der bekam 2011 brisante Post. Als sich die NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nach einem missglückten Banküberfall in Eisenach am 4. November 2011 erschossen, zündete wohl Beate Zschäpe die gemeinsame Wohnung in Zwickau an. Dann soll sie 15 Bekenner-DVDs des NSU verschickt haben: an die Linkspartei in Halle, den Axel-Springer-Verlag oder das Türkische Konsulat in München. Nur ein Exemplar ging an einen rechtsextremen Empfänger: den Patria-Versand. (…) Bis heute ist ungeklärt, warum der NSU als einzige rechte Adresse ausgerechnet den Patria-Versand aussuchte. Suchte das Trio einen Multiplikator für die eigene Szene? Dafür aber war der Versand nicht bedeutend genug. Oder ging die DVD womöglich an einen alten Vertrauten? War es Franz G.? Oder war es womöglich gar Roland Sokol?« (Abschied eines Spitzels,taz vom 4.10.2015)
Eine äußert detaillierte Recherche der Autonomen Antifa Freiburg liegt diesem taz-Bericht zugrunde: Communiqué vom 04.10.2015
Wie viel Staat steckt im Nationalsozialistischen Untergrund/NSU?
»Bislang gehen wir insgesamt von mindestens 42 V-Männern und V-Frauen im Umfeld des NSU aus, was eine eklatant hohe Zahl ist.« (Berliner Rechtsanwalt Sebastian Scharmer. Er vertritt vor dem Oberlandesgericht München die Nebenklägerin Gamze Kubasik, Tochter des 2006 in Dortmund ermordeten Mehmet Kubasik, zit. nach LOTTA Nr.56, August 2014)
Gehen wir also ganz vorsichtig von über 40 V-Leuten im Umfeld des NSU aus. Fest steht, dass all diese staatlich finanzierten Neonazis über mehr als dreizehn Jahre nichts zur Verhinderung von neonazistischen Straftaten, nichts zur Verhinderung der rassistischen Mordserie beitragen konnten. Dann heißt dies, dass sie dreizehn Jahre mit staatlicher Unterstützung am Aufbau neonazistischer Strukturen beteiligt waren, an der Gewährleistung eines neonazistischen Untergrundes und möglicherweise an der Mordserie des NSU beteiligt waren.
Wie hoch war also die Staatsbeteiligung am NSU?
Bis heute haben Bundeskriminalamt und Bundesamt für Verfassungsschutz dreimal Listen von Personen zusammengestellt, die in Kontakt zu mutmaßlichen Mitgliedern des ›Nationalsozialistischen Untergrunds‹ (NSU) oder deren Unterstützern gestanden haben könnten. Die erste Liste ist auf März 2012 datiert und umfasst 41 Neonazis. Die zweite vom September 2012 kam bereits auf 100 Personen und die aktuelle vom Oktober desselben Jahres nennt 129 Namen.
Lassen wir einmal beiseite, woher dieser ansteigende Erkenntnisgewinn rührt:
Anhand der drei Listen kann man sich spielend den Staatsanteil am NSU ausrechnen. Dabei darf man die erste Liste einfach einmal weglassen.
Nirgendwo waren so viele staatliche Aufbau- und Entwicklungshelfer am Werk wie im Nationalsozialistischen Untergrund/NSU. Nirgendwo sonst kann der substanzielle Tatbeitrag staatlicher Behörden am NSU-Netzwerk so umfänglich nachgewiesen werden, wie in diesem Fall.
Begründet wird der Einsatz von V-Leuten, dass man nur so schwere Straftaten aufklären bzw. verhindern könne. Genau das Gegenteil ist 13 Jahre hindurch belegt: In den meisten Fällen waren besagte V-Leute an (schweren) Straftaten beteiligt, an sogenannten Organisationsdelikten, wie die Beschaffung von Sprengstoff, das Bereitstellen von illegalen Papieren, die Beschaffung von Waffen und Geld, die Zurverfügungstellung von Wohnungen u.v.a.m.
Dass zahlreiche V-Leute, die den nationalsozialistischen Untergrund mit angelegt, bewaffnet, mit Geld und illegalen Papieren versorgt haben, nicht wegen Unterstützung und/oder Bildung einer terroristischen Vereinigung angeklagt werden, kann man mit vielem erklären – nur nicht juristisch.
Die Frage ist also nicht, wer seit dem 6. Mai 2013 auf der Anklagebank sitzt, was dort verhandelt wird. Die Frage ist vielmehr, wer nicht vor Gericht steht, was alles nicht verhandelt wird.
Wolf Wetzel
Im Kapitel VIII ›V-Leute im NSU-Netzwerk‹ (S.125-137) sind die Informationen zu den V-Männer ausführlich und mit Quellenangaben dargestellt.
Eine leicht gekürzte Fassung findet sich in der Tageszeitung ‚junge Welt‘ vom 2.5.2013: Wer nicht vor Gericht steht
Wer Ergänzungen, Präzisierungen, Korrekturen hat, möge sie mir gerne zukommen lassen (siehe Kontakt)
05/02/2013 um 16:30
Die Dementi von Politikern und Journalisten bezüglich des Tiefen Staats in Deutschland klingen halbherzig. Insofern sind die Schlussfolgerungen und Fragen, die Sie stellen völlig berechetigt.Bin gespannt auf Ihr Buch,Herr Wetzel! Die ARD hinterfragt im „Presse Club“ den Tiefen Staat im NSU-Komplex und einige „Investigativjournalisten“ wittern Verschwörungtheorien: http://machtelite.wordpress.com/2013/04/15/ard-hinterfragt-tiefen-staat-im-nsu-komplex/
05/03/2013 um 1:29
„Fest steht, dass all diese staatlich finanzierten Neonazis über mehr als dreizehn Jahre nichts zur Verhinderung von neonazistischen Straftaten, nichts zur Verhinderung der rassistischen Mordserie beitragen konnten.“
Vielleicht sind die Verantwortlichen aber auch der Meinung, es wären zu wenige V-Leute gewesen und fordern mehr-analog mehr Sicherheit durch mehr Videoüberwachung.
Btw, hat sich Steven Spielberg schon die Filmrechte gesichert?
05/05/2013 um 19:14
Habe Ihren Artikel mit Genuss gelesen, Chapeau!
Da fehlen noch ein paar Polizisten unter den Angeklagten, allen voran natürlich fehlt die Mordanklage gegen die beiden Polizisten in Uniform, die den Doppelkopfschuss von Heilbronn ausführten.
Wie Michael Niepott, Ex-Kollege und jetzt Hannoverscher Polizist, im Trauerbuch von Kiesewetter zutreffend ausführte, war es nur Polizisten möglich, sich einem auf dem Festplatz geparkten Streifenwagen zu nähern, während rundherum ein Jahrmarkt aufgebaut wurde (Krach, Schläge), ohne dass es irgend jemandem auffallen würde.
2 Polizisten aus der beiden Opfer Einheit waren beim KKK, auch ihr direkter Chef. Der sie aus dem Urlaub herantelefoniert hatte, am Tag vor ihrem Tod.
Wie wir wissen, wollte Arnold lieber auswandern, als das das nach seinen Angaben gefertigte Phantombild der Mörder veröffentlicht werde. (Kontextwochenzeitung, Thomas Moser)
Dann fehlten die Verfahren nach § 129a STGB gegen Michael Brümmendorf vom BKA, der 1998 nach Erfurt reiste, um die bei der Razzia aufgefundenen Telefonlisten verschwinden zu lassen, mit denen man das Trio ruckzuck gefunden hätte.
„Ein 6er im Lotto“, meinte dazu Binninger.
Ach ja, und Drechsel vom LKA TH, der dabei half. Luthardt, der LKA-Präsident, der das deckte. Ebenso der BKA-Präsident.
Und es fehlen Anklagen gegen die Staatsanwälte in Gera, die Verfahren verhinderten und einstellten, gegen deren Vorgesetzte aus dem Ministerium und gegen die Politiker und Beamten aus Kanzleramt und Innenministerien quer durch die Republik. Volker Bouffier, um nur einen damaligen Innenminister zu nennen…
Was nötig wäre, dass kann nur eine Revolution leisten, wie damals 1989 der Sturm auf die STASI-Zentrale in der Normannenstrasse.
Der TIEFE STAAT, das ist viel mehr als die Verfassungsschützer. So viel mehr…
Beste Grüsse
05/05/2013 um 19:44
Herzlichen Dank für Ihr Lob,
leider haben Sie vollkommen recht: Es fehlen sehr viele, die dafür gesorgt haben, dass der NSU in den „Untergrund“ (mit Demobesuchen, Familientreffen, Urlauben etc.) gehen konnte, und es fehlen alle jene, die mit aktiver Beteiligung dafür gesorgt haben, dass die Terror- und Mordserie nicht gestoppt wurde.
Aber der Prozess beginnt ja erst – und die Aufklärung außerhalb des Gerichtsaales auch.
mit herzlichen Grüßen
Wolf Wetzel
05/09/2013 um 12:00
Sehr geehrter Herr Wetzel,
die Aufklärung beginnt ja erst – da haben Sie recht.
Wohlan, hier ein zentraler Punkt des Rätsels. Eigene Recherche.
Ralf Wohlleben war auch im November 2011 ein Spitzel des BKA, nicht nur bis 2002 im NPD-Verbotsverfahren, wie Bundesanwalt Hans Jürgen Förster im NSU-Ausschuss bezeugte.
Der Direktor der Bundespolizei, Hans Dieter Meier, vermutete schriftlich bei seiner Vernehmung durch die Bundesanwaltschaft, dass das BKA die von seiner Truppe ausgelesenen Handydaten löschen liess, um einen Informanten zu schützen. http://www.bild.de/news/inland/nsu/ausschuss-prueft-daten-affaere-28271012.bild.html
(Andreas Förster in BILD)
Es geht aber um 2 Handys, die Anfang Dezember 2011 ausgelesen wurden. Wessen Handys? BILD schweigt.
Von der FTD lesen wir, dass es sich um das Handy eines „am 24.11.2011 Verhafteten“ handelt.
Das war Andre Eminger. Die GSG 9 verhaftete ihn am 24.11.2011
Ein V-Mann des BKA?
Vielleicht noch einer mehr, aber wer war der 2. Handybesitzer?
Herr Wetzel, das war ein Bluff, der GSG 9 – Grosseinsatz bei Eminger. Um abzulenken von Wohlleben:
http://www.ftd.de/politik/deutschland/:rechtsterror-bka-liess-ermittlungsdaten-zur-zwickauer-zelle-loeschen/60167644.html
Bei der Löschaktion gehe es um Daten von zwei Handys, die vom BKA bei den Ermittlungen sichergestellt worden waren. Eines der Handys gehörte dem Festgenommenen. Er gilt als wichtigster Helfer des Neonazi-Trios, dem zehn Morde zur Last gelegt werden. Sein Mobiltelefon war den Fahndern am 24. November bei seiner Festnahme in die Hände gefallen
FTD Ende.
Wohlleben wurde am 29.11.2011 verhaftet, das ist offensichtlich ein Widerspruch zum von der FTD genannten 24.11.2011.
ABER NUR SCHEINBAR,!!!
Stern, 29.11.2011:
Nach einer Durchsuchung bei Wohlleben am Donnerstag vergangener Woche hatte er in Medien erklärt, dass das Bundeskriminalamt nicht genug Material gegen ihn in der Hand haben dürfte.
http://www.stern.de/panorama/ralf-wohlleben-festgenommen-ehemaliger-npd-funktionaer-soll-neonazi-trio-geholfen-haben-1756585.html
Jetzt einen Kalender 2011 zur Hand nehmen: Welches Datum hatte der Donnerstag vor dem 29.11.2011?
Als bei Wohllebens Hausdurchsuchung dessen Handy sichergestellt wurde?
Es war der 24.11.2011. BINGO.
Der Informant des BKA im November 2011 hiess Wohlleben. Der hatte mit Eminger am 4.11.2011 telefoniert, und sicher auch mit seinen Dienstherren vom BKA. Daher mussten (und wurden) beider Handydaten gelöscht. Nur das BKA hat sie noch, der Teil des Tiefen Staates.
Gruß
06/26/2013 um 14:18
[…] Quelle: Wolf Wetzel […]
04/11/2016 um 10:35
[…] https://wolfwetzel.wordpress.com/2016/04/08/v-manner-als-staatsanteil-im-nsu-netzwerk/ […]
01/05/2017 um 10:34
[…] In diesem Beitrag sind nur die V-Leute erwähnt, die sich auf der „Garagenliste“ 1998 befanden. Sie sind nur die Spitze des Eisberges. Über 40 namentlich bekannte V-Leute waren im Nahbereich des NSU-Netzwerkes aktiv: V-Männer als Staatsanteil im NSU-Netzwerk. […]
01/05/2017 um 13:38
[…] In diesem Beitrag sind nur die V-Leute erwähnt, die sich auf der „Garagenliste“ 1998 befanden. Sie sind nur die Spitze des Eisberges. Über 40 namentlich bekannte V-Leute waren im Nahbereich des NSU-Netzwerkes aktiv: V-Männer als Staatsanteil im NSU-Netzwerk. […]