33 + Aly = 68

33 + Aly = 68

Nun hat auch der Historiker Götz Aly

die breite Schneise gefunden

die Totalitarismustheoretiker

vor ihm geschlagen hatten

In deren Geisterwelt sind Faschisten und Linke irgendwie

auf jeden Fall eins

ergo die tatsächliche Todfeindschaft

die Ermordung von Kommunisten, ihre Internierung in KZs …

ein großes Missverständnis

das völlig unnötig gewesen wäre

hätten die Hitlers und Goebbels

nur einen dieser gescheiten Totalitarismusgelehrten an ihrer Seite gehabt

Schwamm drüber

Mit großen luftigen Schritten

schreitet Götz Aly

die Totalitarismus-Front noch einmal ab

als Scout für das verängstlicht-liberale Publikum der Frankfurter Rundschau[1]

um auch dort

exklusiv und furchtlos

die ›68er‹-Generation als Wiedergänger[2] der Nazis zu entlarven

Seine Beweisführung springt geradezu ins Auge:

Die Nazis und die ›68er‹

waren jung, ergo beides Jungenddiktaturen

Beide verachteten den Pluralismus und den Kompromiss

ergo wollten sie das ›System‹ beseitigen

Zusammen waren sie sich sicher:

Am deutschen Wesen muss die Welt genesen

Beide waren arrogant

und teilten die Verachtung für ›Scheiß-Liberale‹

– ein klug-verdeckter Schuss Adrenalin

in Richtung seiner Leserschaft

um dann zum finalen Rettungsschuss anzusetzen

Nazis und ›68er‹ liebten den Kampf und die Aktion

Ergo schrieb Adolf Hitler

›Mein Kampf‹

und Götz Aly die Doublette

›Unser Kampf. 1968‹[3]

Man hatte schon Angst

Götz Aly könnte nicht mehr rechtzeitig die Kurve kratzen

und den Zweiten Weltkrieg der Nazis

mit dem Angriffskrieg eines Alt-68er

eines Joschka Fischers gegen die Bundesrepublik Jugoslawien vergleichen

Nein, nein,

soweit lässt Götz Aly seine Parallelisierung nicht kommen

und bricht ganz plötzlich ab

und findet am Ende doch noch

einen wesentlichen Unterschied

»Die Revolte der einen führte rasch zur Macht,

zu furchterregenden Karrieren und Konsequenzen;

die der anderen endete ebenso rasch in der Niederlage, zumindest in der Zersplitterung.«[4]

Mein Gott Aly

hätten die Chefs von Siemens, Mercedes-Benz, Höchst,

Thyssen-Krupp und Springer

Dich an ihrer Seite gehabt

hätten sie die ›68er‹

als Nazis erkannt

und noch einmal an die Macht gebracht

Rudi Dutschke zum Reichs- pardon Bundeskanzler gekürt

und

Ulrike Meinhof zur Außenministerin gemacht

So aber, lieber Aly

mußt du damit leben,

dass diejenigen

die die Nazis an die Macht gebracht

und die ›68er‹ bis hin zum Aufruf zur Lynchjustiz[5] bekämpft hatten

mehr von Analyse und Geschichte verstehen

als Du

mit diesen Gefälligkeits- und Wohlfühlanalogien


Wolf Wetzel


[1] Machtübernahme – Die Väter der 68er, Götz Aly, Frankfurter Rundschau vom 30.01.2008

[2] Hans Magnus Enzensberger hatte bereits 1991 »Hitlers Wiedergänger« im Ausland ausfindig gemacht: Saddam Hussein, Der Spiegel Nr. 6 vom 04.02.1991

[3] Götz Aly, Unser Kampf. 1968 – ein irritierter Blick zurück, S. Fischer Verlag, 2008

[4] FR, s.o.

[5] »Rudi Dutschke – Staatsfeind Nr. 1!«, Titelschlagzeile der BILD vom 11. April 1968.

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